Laryngorhinootologie 2023; 102(06): 468-471
DOI: 10.1055/a-2048-0603
OP-Techniken

Eingriffe an Larynx, Hypopharynx und Trachea

J. A. Werner
,
J. P. Windfuhr

Endolaryngeale Eingriffe

Inkompletter Glottisschluss bei Adduktorenlähmung einer Seite

Endolaryngeales Vorgehen: Augmentation durch Unterspritzung mit autologem Fett


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OP-Prinzip

Die in Intermediärstellung stehende Kontaktfläche der exkavierten Stimmlippe kann durch Unterspritzung mit körpereigenem Fett, Hyaluronsäure, Carboxymethylzellulose, boviner Gelatine, Kalziumhydroxylapatit oder kollagenbasierten Materialien augmentiert und damit medialisiert werden.

Die Problematik der autologen Fettinjektion besteht in der nicht vorhersagbaren Resorptionsrate mit Notwendigkeit der erneuten Injektion nach Monaten bis Jahren.


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Indikation

Einseitiger, inkompletter Glottisschluss.


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Kontraindikation

Schwere Allgemeinerkrankung, die das Risiko einer Intubationsnarkose nicht rechtfertigt.


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Spezielle Patientenaufklärung

Komplikationen wie bei Mikrolaryngoskopie.


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OP-Technik

  • Autologe Bauchfettgewinnung: (Peri-)Umbilikaler Hautschnitt mit Entnahme von Fettgewebe und Überführung in Injektionskanüle. Chirurgische Entnahme von Bauchfett über eine in den Nabel einziehende Hautinzision mit nachfolgender manueller Zerkleinerung des Fettes.

  • Alternative Technik: Mit 18G- oder Liposuktionskanüle wird abdominelles Fett gewonnen, über mehrere Minuten zentrifugiert, der Überstand entfernt und das verbleibende Fett weiterverwendet.

  • Endolaryngeale Injektion: Das gewonnene Fett wird mit der 3-Ringspritze mit einer langen 19-Gauge-Nadel injiziert. Das autologe Fett kann durch diese lange Nadel einfach eingespritzt werden.

  • Das autologe Fett kann in den M. thyroarytenoideus an der Stimmlippenmembran injiziert werden, um eine Stimmlippenatrophie und einen inkompletten Glottisschluss zu verbessern. Das Fett wird zudem in den M. thyroarytenoideus am knorpelnahen Anteil der Stimmlippen injiziert, um eine Rotation des Aryknorpels zu erzeugen.

  • Zum anderen kann autologes Fett in die Taschenfalte und die aryepiglottische Falte injiziert werden. Fettinjektionen in die Stimmlippe, Taschenfalte oder aryepiglottische Falte sollen eine laryngeale Gewebeatrophie ausgleichen und den Glottisschluss stärken.

  • Außerdem kann Fett in die mediale Wand des Sinus piriformis des Hypopharynx injiziert werden, um dessen Weite zu verringern.


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Vorgehen von außen (Stimmlippenmedialisierung nach Friedrich)

Seit Einführung der grundlegenden Technik der Thyreoplastik durch Isshiki vor über 25 Jahren ist dieses ein häufig eingesetztes Verfahren in der Kehlkopfchirurgie zur Behandlung des inkompletten Glottisschlusses. Verschiedene Modifikationen der Thyreoplastik Typ I nach Isshiki wurden vorgeschlagen, um die Operationszeit, die Platzierung des Implantats und das Implantatmaterial zu verbessern, z. B. autologe Knorpelimplantate oder alloplastisches Material wie Hydroxylapatit, Vitalium (Miniplates) und Polytetrafluoroethylen (Gore-Tex).


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OP-Prinzip

Keine ausreichende Medialisierung oder schlechte Prognose/Kontraindikationen anderer Verfahren.


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Indikation

Einseitiger, inkompletter Glottisschluss.


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Kontraindikation

Schwere Allgemeinerkrankung, die das Operationsrisiko nicht rechtfertigt.


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Spezielle Patientenaufklärung

Komplikationen wie bei Mikrolaryngoskopie sowie Hautschnitt auf Höhe des Schildknorpels, Platzhalter aus Titan, Wundinfektion und -dehiszenz, Unverträglichkeit, Luftnot, Tracheotomie. Wundheilungsstörung mit Knorpelnekrose am Schild- und/oder Ringknorpel, dadurch bleibende Stimmstörung, evtl. auch Atemnot.


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Anästhesie

Der Eingriff sollte vorzugsweise in Lokalanästhesie durchgeführt werden, um intraoperativ die Implantattiefe an die damit erzielte Stimmoptimierung anzupassen. Bei Ausführung in Intubationsnarkose muss auf die Verwendung eines kleinkalibrigen Tubus geachtet werden (Männer: 6,5 mm; Frauen: 5,5 mm Innendurchmesser). Besser geeignet erscheint die Verwendung einer Larynxmaske, die keinen Einfluss auf die Glottisweite ausübt und zudem eine simultane Endoskopie der Glottisebene ermöglicht.


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OP-Technik

  • Hautschnitt: Nach Infiltration mit 1 %-Lidocainhydrochlorid mit Epinephrin-Zusatz wird ein Hautschnitt entlang der RSTL in Höhe des Schildknorpels gelegt und dieser unter Schonung des Perichondriums exponiert.

  • Anlage eines Knorpelfensters: Eine Bezugslinie wird parallel zum unteren Rand des Schildknorpels gezogen. Diese Linie beginnt in der Medianlinie in der Mitte zwischen Ober- und Unterkante des Schildknorpels, in dieser Höhe findet sich an der Innenseite des Schildknorpels die vordere Kommissur. Diese Linie teilt die Strecke zwischen Ober- und Unterkante des Schildknorpels im Verhältnis 2:1 und entspricht dem freien Rand der Stimmlippen im Endolarynx. Eine weitere wichtige Landmarke für die Fensterung ist die Linea obliqua. Das Knorpelfenster sollte kaudal der Referenzlinie und die kaudal-posteriore Ecke des Fensters nahe der Linea obliqua gesetzt werden (Frauen: 13 mm; Männer: 15 mm). Bei Frauen wird ein 6 × 11 mm großes Knorpelfenster im Schildknorpel angelegt, bei Männern hat das Knorpelfenster die Maße 6 × 13 mm. Dadurch lassen sich die unterschiedlich großen Implantate (Frauen: 13 mm; Männer: 15 mm) optimal in Position halten.

  • Nach dem Anzeichnen der Fensterung wird der Schildknorpel unter mikroskopischer Kontrolle mit einer Lindemann-Fräse (1 mm) bearbeitet, bis das innere Perichondrium sichtbar wird ([Abb. 1a]). Nach Erreichen des inneren Perichondriums werden die Ränder und Ecken des Fensters mit einem kleinen Diamantbohrer ausgeschliffen. Das innere Perichondrium wird nun vorsichtig von dem isolierten Schildknorpelstück abpräpariert, das entfernt wird, ohne den paraglottischen Raum mit den dort befindlichen Gefäßen zu verletzen.

  • Platzierung des Implantats: Ventral wird eine subperichondrale Tasche geschaffen. Die dorsale Kante der Friedrich-Prothese wird mit einer Klemme gefasst und die Prothese zunächst ventral eingesetzt ([Abb. 1b]). Die basale Platte der Friedrich-Prothese ist 2 mm größer als das Knorpelfenster. Daher muss das Implantat mit der Klemme und einem Finger der anderen Hand leicht gebogen werden. Dadurch kann die Prothese unter leichter Spannung durch das Knorpelfenster in den Endolarynx eingeführt werden. Die optimale Medialisierungstiefe wird durch Eindrücken der Prothese und Markieren der Lokalisation mit der Klemme in Abhängigkeit der erzielten Stimmoptimierung bestimmt. Die dorsale Kante wird auf Höhe dieser Markierung in dorsaler Richtung gebogen und die Friedrich-Prothese mit 2 Stichen eines monofilen, nicht resorbierbaren Fadens fixiert ([Abb. 1c]). Wegen der Form der Prothese sind meist keine weiteren Fixierungen im ventralen Bereich erforderlich ([Abb. 1d]). Gelegentlich verhindert eine ausgeprägte Ossifikation des Schildknorpels die Verwendung von Nahttechniken, sodass eine Schraubenfixierung erforderlich wird.

Zoom Image
Abb. 1a–d Stimmlippenmedialisierung nach Friedrich. a Ausfräsen des Knorpelfensters bis ans innere Perichondrium. b Präparation einer subperichondralen Tasche nach ventral, Einsetzen der Friedrich-Prothese mit einer Klemme, zunächst ventral, anschließend dorsal. c Fixierung der Friedrich-Prothese in dorsaler Richtung mittels monofilen Fadens. d Schlussansicht mit eingebrachter, nach dorsal zu über 2 Fäden fixierter Friedrich-Prothese.
Regeln, Tipps und Tricks

Präoperativ wird die 1-malige Gabe von 250 mg Prednisolon sowie eines Breitspektrumantibiotikums, 30–60 Minuten vor dem Eingriff, empfohlen.


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Nachbehandlung

Logopädische Begleittherapie sinnvoll.


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Publication History

Article published online:
02 June 2023

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