Laryngorhinootologie 2023; 102(07): 553-556
DOI: 10.1055/a-2053-0364
OP-Techniken

Eingriffe an Larynx, Hypopharynx und Trachea

J. A. Werner
,
J. P. Windfuhr

Benigne Erkrankungen

Laryngozele

OP-Prinzip

Exstirpation oder Marsupialisation der weichen, zystisch erscheinenden Schleimhautvorwölbungen der supraglottischen Region.


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Indikation

Innere und endolaryngeal zugängliche, begrenzte äußere Laryngozelen.


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Spezielle Patientenaufklärung

Wie zur Mikrolaryngoskopie (S. 206).


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Transorale OP-Technik

  • Zur transoralen Chirurgie von Laryngozelen wird die supraglottische Region mithilfe eines geschlossenen oder offenen Laryngoskops (Spreizlaryngoskop) exponiert.

  • Die die Laryngozele bedeckende Mukosa wird in dem Bereich der Taschenfalte oder der aryepiglottischen Falte inzidiert und die Laryngozelenwandung dargestellt.

  • Nach Eröffnung der Laryngozele wird offensichtlich, ob diese Luft oder dünn- bzw. dickflüssigen Schleim enthält.

  • Das Sekret wird abgesaugt. Nach nun folgendem Kollaps der Laryngozele kann diese im Falle einer kleineren Zele bis in die Peripherie dargestellt und vollständig reseziert werden.

  • Nicht selten ist auch die breite Marsupialisation zum Larynxinneren hin möglich. Dies gilt vor allem für ausgedehnte Formen.


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Vorgehen bei äußeren Laryngozelen

Äußere Laryngozelen werden, je nach Ausdehnung, konventionell-chirurgisch über einen externen Zugang (S. 288) entfernt oder in speziellen Fällen wie beschrieben transoral CO2-Laser-mikrochirurgisch marsupialisiert.


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Papillome

OP-Prinzip

Vaporisierung teilweise multipler Papillomherde, die je nach Aktivität der Erkrankung auch in kurzfristigen Abständen wiederholt werden muss, um eine Verlegung des Atemwegs zu vermeiden. Die histologische Diagnostik ist obligat, um sog. High-Risk-Papillome identifizieren zu können (Subtypen HPV 16/18). Die an Larynxpapillomen erkrankten Patienten müssen neben der endolaryngealen Manifestation auch hinsichtlich eines möglichen extralaryngealen Papillombefalls im Tracheobronchialsystem sowie im Bereich der oberen Schluckstraße untersucht und langfristig nachgesorgt werden.


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Indikation

Papillomatose des oberen Aerodigestivtrakts.


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Spezielle Patientenaufklärung

Wie zur Mikrolaryngoskopie (S. 206).


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Anästhesie

Die Operation der Larynxpapillome erfolgt vorzugsweise in intermittierender Apnoe, alternativ ist auch eine Jet-Ventilation möglich, um eine optimale endolaryngeale Sicht zu erhalten. Dieser Vorteil geht bei Verwendung eines konventionellen Tubus verloren, der überdies besondere Schutzvorkehrungen erfordert.


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OP-Technik

Der Laserstrahl wird gewöhnlich in leicht defokussierter Form eingesetzt. Niedrige Laserleistungen ermöglichen eine kontrollierte Abtragung der Papillombeete, wobei die Operation auf die Mukosa begrenzt bleiben sollte. Bei beidseitigem Stimmlippenbefall ist darauf zu achten, dass nur einseitig nahe der vorderen Kommissur gearbeitet wird, um das Risiko postoperativer Synechien zu minimieren.

Regeln, Tipps und Tricks

Postoperativ ist eine Extubation in aller Regel auch in sehr fortgeschrittenen Fällen möglich, da initial großvolumige Papillombeete nach ihrer Abtragung den Atemweg in aller Regel nicht mehr verlegen. Dennoch ist eine begleitende Schleimhautschwellung immer möglich, weswegen der Entschluss zur Extubation eine besondere Aufmerksamkeit erfordert, insbesondere bei schwer intubierbaren Patienten.

Es hat sich als günstig erwiesen, kleinere Anteile gesund erscheinender Schleimhaut zwischen den einzelnen Papillomen zu erhalten, um eine raschere Reepithelisierung des Endolarynx zu ermöglichen.


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Nachbehandlung

Bei ausgedehnten Fällen kann eine einmalige Gabe eines Kortikosteroids zur Vermeidung postoperativer Atemnotsituationen hilfreich sein.


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Alternativen

Prinzipiell können Papillome auch durch die Anwendung der Argon-Plasmakoagulation abgetragen werden. Dieses monopolare Verfahren vaporisiert die Zellen nicht, sondern koaguliert sie, weswegen die beim CO2-Laser notwendige spezielle Absaugvorrichtung nicht erforderlich ist. Die Papillome können schichtweise unter mikroskopischer Kontrolle abgetragen werden. Bei der Argon-Plasmakoagulation wird mit einer monopolaren Elektrode gearbeitet, die nicht bei Trägern von Herzschrittmachern angewandt werden darf.

Als weitere Alternative zum CO2-Laser ist die fotodynamische Therapie zu nennen. Weiterführende Untersuchungen müssen in der Zukunft zeigen, inwieweit mit diesem Behandlungskonzept eine langfristigere Papillomfreiheit möglich ist.


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Laryngomalazie

Etwa 60–75 % der mit Stridor einhergehenden Fälle laryngealer Anomalien im Kindesalter sind auf eine Laryngomalazie zurückzuführen. Entweder tritt der Stridor bei einer Laryngomalazie kongenital auf, oder er manifestiert sich innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt. Im Alter von 6 Monaten ist meist das Maximum der stridorösen Symptomatik erreicht, woraufhin sich diese Symptomatik dann in aller Regel bis zum Ende des zweiten Lebensjahres zurückbildet. Bei etwa 20 % der Fälle einer Laryngomalazie ist eine aktive chirurgische Intervention erforderlich.

OP-Prinzip

Handelt es sich um den bei Inspiration zu beobachtenden Einwärtskollaps der supraglottischen Schleimhaut, ist die Indikation zur sog. Supraglottoplastik gestellt. Dieser Begriff umfasst alle chirurgischen Behandlungsformen, die zum Ziel haben, das hypermobile supraglottische Gewebe zu reduzieren. In der Mehrzahl der Fälle betrifft dies die Schleimhaut der aryepiglottischen Falten und der Aryknorpelregionen.

Ist die stridoröse Symptomatik auf verkürzte aryepiglottische Falten zurückzuführen, können diese beidseits mit Mikroscherchen durchtrennt werden.

Kommt es demgegenüber zum einwärts gerichteten Kollaps der Epiglottis bei unauffälliger Länge der aryepiglottischen Falten während der Inspiration („floppy epiglottis“), ist eine Epiglottopexie (S. 216) indiziert.

Diese verschiedenen Behandlungsstrategien für Säuglinge mit einer schweren Laryngomalazie erfordern eine sorgfältige präoperative Diagnostik, zu der grundsätzlich auch die Untersuchung des Tracheobronchialsystems gehört.


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Indikation

Schluckprobleme, Atemnotsituation und lebensbedrohliche Apnoesymptomatik mit Abfall der Sauerstoffsättigung.


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Anästhesie

Intubationsnarkose.


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OP-Technik

Allen nachfolgenden Maßnahmen geht eine flexible Laryngo(tracheo)skopie voraus, was meist eine Sedierung erfordert.

Zur weiteren Diagnostik gehört die starre Video-Laryngotracheobronchoskopie. Hierbei werden mit dem McIntosh-Spatel zunächst die Epiglottis und Supraglottis eingestellt und videoendoskopisch unter Verwendung der 0°-Optik beurteilt. Anschließend erfolgt die starre Endoskopie der tieferen Atemwege. Laryngomalazie und verschiedene Formen der laryngealen und trachealen Stenosen sind auf diese Weise zu diagnostizieren.


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Membranöse laryngotracheale Stenosen

Hier werden aktuell eher Dilatationen als laserchirurgische Verfahren angewandt, was aber einzelnen, sehr erfahrenen Operateuren vorbehalten bleiben sollte.

Laserchirurgische Epiglottopexie

  • Schaffung korrespondierender Wundflächen: Hierbei wird zunächst ein umschriebener Abschnitt der Zungengrundschleimhaut lasermikrochirurgisch vaporisiert oder oberflächlich reseziert, und anschließend eine korrespondierende laserchirurgische Wunde an der lingualen Epiglottisfläche erzeugt (Laserleistung: 1–2 Watt) ([Abb. 1a]).

  • Fixierung der Epiglottis am Zungengrund: Abschließend wird die Epiglottis mithilfe von 2–3 Einzelknopfnähten eines resorbierbaren Fadenmaterials (Vicryl 4/0) am Zungengrund fixiert ([Abb. 1b–d]).

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Abb. 1 Epiglottopexie. a Lasermikrochirurgische Vaporisation von lingualer Epiglottisschleimhaut und korrespondierender Schleimhaut am Zungengrund. b–d Schrittweise Fixierung der Epiglottis am Zungengrund mit bis zu 3 Einzelknopfnähten.

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Durchtrennung verkürzter aryepiglottischer Falten

In Fällen verkürzter aryepiglottischer Falten erfolgt eine Inzision in kraniokaudaler Richtung konventionell mikrochirurgisch (alternativ: CO2-Laser) nahe dem Epiglottisrand unter Beachtung der üblichen Schutzmaßnahmen.


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Hämangiome und vaskuläre Malformationen

Die operative Therapie der Hämangiome hat mit den Erfolgen durch Gabe von Propranolol an Bedeutung verloren und ist deswegen speziellen Einzelfallsituationen und auf diesem Gebiet sehr erfahrenen Spezialisten vorbehalten.

Hämangiome präsentieren sich typischerweise als scharf begrenzte, rötliche Raumforderungen im dorsalen Anteil der Subglottis. Hämangiome, die im Bereich der hinteren Kommissur entstehen und sich entlang beider subglottischer Stimmlippenabhänge ausdehnen, sind seltener als in der vorderen Kommissur. Die verschiedenen Behandlungsoptionen von subglottischen Hämangiomen reichen von der Tracheotomie über die submuköse chirurgische Exzision bis hin zu systemischen oder intraläsionalen Steroidinjektionen. Begrenzte Läsionen können auch mit dem CO2-Laser, eine niedrige Laserleistung (1–2 Watt) vorausgesetzt, zur Schrumpfung gebracht werden. Die Anwendung des Nd:YAG-Lasers ist aus Gründen der oft starken postoperativen Fibrinausschwitzungen kontraindiziert.

Im Gegensatz zu dem vorgenannten biologischen Verhalten von Hämangiomen werden vaskuläre Malformationen des Kehlkopfs oftmals erst im Erwachsenenalter klinisch manifest oder überhaupt nur als Zufallsbefund entdeckt. Typische Symptome sind Fremdkörpergefühl, Räusperzwang oder ein sich langsam manifestierender, meist milder Stridor.

Indikation

  • Subglottisches Hämangiom: Größenprogredienz mit Dyspnoe und Stridor.

  • Vaskuläre Malformation: Größenprogredienz mit Schluckbeschwerden, Artikulationsstörungen, rezidivierenden Blutungen, rezidivierenden Infektionen oder Dyspnoe bis hin zur Luftnot.


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Kontraindikation

Bei vitaler Indikation mit Gefährdung lebenswichtiger Funktionen keine.


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Anästhesie

Intubationsnarkose, Eingriff in intermittierender Apnoe, Jet-Ventilation.


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OP-Technik

  • Subglottisches Hämangiom: Die CO2-Lasertherapie erfolgt entweder mit dem Ziel der Schrumpfung oder vollständigen Entfernung von Hämangiomen dieser Region. Die Schrumpfung folgt nach Applikation einzelner Laserspots (2 Watt) mit ausreichendem Abstand voneinander. Eine postoperative Ödembildung kann bei vorsichtiger Anwendung des CO2-Lasers sowie obligater Kortisongabe in aller Regel vermieden werden. Im Einzelfall kann aber auch eine passagere Tracheotomie oder Schutzintubation indiziert sein.

  • Vaskuläre Malformationen: Sie können exzidiert werden; dies gilt vor allem für differenzialdiagnostische Zweifelsfälle. Wenn keine histologische Diagnosestellung gewünscht ist, kann die die vaskuläre Malformation mit dem Nd:YAG-Laser zur Rückbildung gebracht werden (z. B. 20 Watt, 0,5 s in Einzelapplikationen).

Regeln, Tipps und Tricks

Subglottische Hämangiome reagieren gut auf die Gabe von Propranolol (1 mg/kg/d in der ersten Woche, verteilt auf 3 Einzeldosen; ab der zweiten Woche doppelte Dosis). Obligat: Blutdruck und Pulsmessungen alle 30 Minuten in den ersten 2 Stunden nach Therapiebeginn/-änderung.

Risiken und Komplikationen

Blutungen, Ödembildung mit Notwendigkeit der Tracheotomie, Infektion mit resultierendem Risiko der Stenosierung.


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Nachbehandlung

Es ist eine sorgfältige Überwachung der Sauerstoffsättigung und Atemarbeit notwendig, um rechtzeitig einer postoperativen Ödembildung durch die Gabe von Methylprednisolon entgegenzuwirken. Inhalation mit β-Sympathomimetika und Kortikoiden.

Aus: Rettinger G, Hosemann W, Huttenbrink KW, Werner JA. HNO-Operationslehre – Mit allen wichtigen Eingriffen. 5., vollstandig uberarbeitete Auflage


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
03. Juli 2023

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