Laryngorhinootologie 2024; 103(02): 93
DOI: 10.1055/a-2211-409
Leserbrief

Antwort auf den Leserbrief von Stuck/Neff zum Artikel „Das kutane Plattenepithelkarzinom der Haut – ein Update“ [Burda B, Schultz ES. Laryngo-Rhino-Otologie 2023; 102(10): 735–741]

Die Kollegen Stuck und Neff kritisieren in ihrem Leserbrief die in dem o. g. Artikel gegebene Empfehlung, dass eine prophylaktische Lymphadenektomie beim kutanen Plattenepithelkarzinom nicht erfolgen sollte, und vermissen eine differenziertere Betrachtungsweise zu diesem Thema. Aus ihrer Sicht „erscheint es bemerkenswert, dass für ein derartig heterogenes Krankheitsbild wie das kutane Plattenepithelkarzinom, dessen Prognose in entscheidender Weise vom Ort der Lokalisation des Primärtumors und dessen Tumorstadium abhängt, eine derart pauschale Aussage zum Wert einer prophylaktischen Lymphadenektomie getätigt wird“.

Dazu möchten wir wie folgt Stellung nehmen:

In unserer Übersichtsarbeit zum kutanen Plattenepithelkarzinom haben wir uns an der aktuellen S3-Leitlinie „Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut“ orientiert und die dort gegebene Empfehlung zur prophylaktischen Lymphadenektomie wiedergegeben [1]. Gemäß Leitlinie soll eine prophylaktische Lymphadenektomie nicht durchgeführt werden. Diese Empfehlung wurde auch in der aktualisierten Leitlinienversion von Dezember 2022 unter Beteiligung der Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und der Deutschen Gesellschaft für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie mit einem Empfehlungsgrad A und einem Evidenzlevel 3 bestätigt. Zur Begründung führen die Autoren der Leitlinie an, „dass für das kutane Plattenepithelkarzinom ein prospektiver Nutzen einer prophylaktischen Lymphknotendissektion in Bezug auf krankheitsspezifisches und Gesamtüberleben bislang nicht belegt sei“ und zitieren eine Arbeit von Martinez JC et al. aus dem Jahr 2007 sowie eine Britische Leitlinie aus dem Jahr 2016 [2] [3]. Dieser Einschätzung schließen sich auch Gurney B et al. in einer Übersichtsarbeit aus dem British Journal of Oral and Maxillofacial Surgery, ebenfalls aus dem Jahr 2014, an, in der sie feststellen: „There is no role for elective lymph node dissection in P0/N0 cutaneous SCC of the head and neck as morbidity is high, and nodes involved in occult disease may be missed because of the complex patterns of lymphatic drainage.“ [4].

Weiterhin beziehen sich die Autoren des Leserbriefes auf eine in der Leitlinie zitierte Publikation, in der postuliert wird, dass ein zu erwartender Nutzen einer elektiven Lymphadenektomie bei Patienten mit Metastasierungshäufigkeit von > 25 % zu erwarten sei [5]. Abgesehen davon, dass es sich dabei um eine retrospektive Patientenbefragung und nicht um eine prospektive Studie handelt, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass in einer Arbeit von Silberstein et al. aus dem Jahr 2015 die Metastasierungshäufigkeit beim kutanen Plattenepithelkarzinom bei insgesamt 572 Patienten mit 1,09 % bei T1-Tumoren und 5,46 % bei T2-Tumoren angegeben wurde [6]. Wie von den Autoren des Leserbriefes erwähnt, gibt es natürlich auch Patienten mit fortgeschrittenen T3- oder T4-Tumoren, bei denen aus unserer Sicht das therapeutische Vorgehen in einem interdisziplinären Tumorboard auch unter Berücksichtigung neuer, innovativer neoadjuvanter Therapieansätze abgestimmt werden sollte [7].

Schließlich bleibt festzustellen, dass es bislang keine prospektiven Studien gibt, die den Nutzen einer elektiven Lymphknotendissektion bei Patienten mit kutanen Plattenepithelkarzinomen im Hinblick auf das krankheitsfreie Überleben oder Gesamtüberleben nachgewiesen haben, sodass die oben erwähnte Leitlinienempfehlung dem derzeitigen Stand des Wissens entspricht.

Publikationshinweis

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Publication History

Article published online:
06 February 2024

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  • Literatur

  • 1 S3-Leitlinie Aktinische Keratosen und Plattenepithelkarzinom der Haut Version 2.0 Dezember 2022.
  • 2 Martinez JC, Cook JL. Dermatol Surg 2007; 33: 410-420
  • 3 Newlands C. et al. The Journal of Laryngology and Otology 2016; 130: 125-132
  • 4 Gurney B, Newlands C. British Journal of Oral and Maxillofacial Surgery 2014; 52: 294-300
  • 5 Wong WK. et al. Eur Archive Otorhinolaryngol 2014; 271: 3011-3019
  • 6 Silberstein. et al. Dermatol Surg 2015; 41: 1126-1129
  • 7 Gross. et al. N Engl J Med 2022; 387: 1557-1568