Dtsch Med Wochenschr 1950; 75(14): 450-452
DOI: 10.1055/s-0028-1117901
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Hochdruck bei Poliomyelitis

Heinrich Lachmund
  • Medizinischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses Nordstadt Hannover (Leit. Arzt: Prof. Dr. med. K. Westphal)
Further Information

Publication History

Publication Date:
13 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Es wird berichtet über im Rahmen der Poliomyelitisepidemie des Herbstes 1948 bei 22 Patienten beobachtete erhebliche Blutdrucksteigerungen, die fast ausnahmslos bei schwersten Formen aufsteigender Lähmung im Verein mit Atemparesen auftraten. Sie erreichten ihren Gipfel mit weitester Ausdehnung der myelitischen Prozesse, somit meist in der ersten Krankheitswoche, um dann stetig abzusinken.

Diese Blutdrucksteigerung muß nach Ausschluß jeder anderen Genese als zentral bedingt angesehen werden. Anatomisch fand sich bei allen zur Autopsie gekommenen Fällen eine Läsion der Substantia reticularis grisea des verlängerten Markes, der damit die Funktion eines blutdruckregulierenden Zentrums zuerkannt werden muß; dies Zentrum dürfte als zentraler Abschnitt des pressorezeptorischen Reflexbogens anzusprechen sein. Damit ist die Hypertension bei Poliomyelitis als Entzügelungshochdruck zu werten.

Bei allen Patienten, die über einen längeren Zeitraum hinaus beobachtet werden konnten — zum Teil wurde dies durch die Behandlung in „Eisernen Lungen” möglich — wurden wieder normale Werte erreicht. Hierfür wird ein kompensatorisches Eingreifen höhergelegener Zentren (Zwischenhirn) angenommen.

Abschließend werden als weitere Möglichkeit einer Beteiligung zentraler Regionen am Krankheitsgeschehen der Poliomyelitis 5 Beobachtungen extremer Kachexie mitgeteilt, als deren Ursache Läsionen vegetativer Zentren im Zwischenhirn in Betracht gezogen werden können.

    >