Rofo 2009; 181(3): 197-200
DOI: 10.1055/s-0029-1214197
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Radiologische Diagnostik der Herpesvirus-1-(HSV-1)-Enzephalitis

Imaging Findings in Herpesvirus-1 EncephalitisM. Horger, A. Sauter, R. Beck, T. Nägele, U. Ernemann
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Publication Date:
03 March 2009 (online)

Als Enzephalitis bezeichnet man eine multifokale oder diffuse Entzündung des Gehirns bedingt durch eine meist intrakranielle virale Infektion. Sind auch die Hirnhäute mit betroffen, spricht man von einer Meningoenzephalitis. Auslöser der Erkrankung sind akute oder latente Infektionen des zentralen Nervensystems (ZNS).

Die Gruppe der Herpesviren zählt zu den häufigsten Pathogenen, die eine ZNS-Infektion beim Menschen auslösen können. HSV-1 löst etwa 95 % aller herpetischen Enzephalitiden und die meisten der tödlichen sporadischen Enzephalitiden aus. Ohne Behandlung führen 50–70 % der HSV-Enzephalitiden zum Tode, weshalb eine rasche Diagnostik und Therapieeinleitung entscheidend sind. Nur etwa ein Drittel aller Herpes-Enzephalitiden entstehen durch eine primäre Infektion. Beim Erwachsenen sind üblicherweise bereits Antikörper gegen HSV-1 gebildet und die Infektion entsteht durch eine Reaktivierung (Damasio AR, Van Hoesen GW. J Neurol Neurosurg Psychiatry 1985; 48: 297–301). Auch bei Kindern findet der Kontakt mit HSV-1 postnatal statt, wohingegen Neugeborene in 80–90 % von HSV-2 über den mütterlichen Genitaltrakt befallen werden.

Man geht davon aus, dass die Entzündung des Gehirns durch eine direkte neuronale Transmission, wie beispielsweise über den V. und VII. Hirnnerven oder von peripher, erfolgt. Entlang der Äste des V. Hirnnerven, die die Hirnhäute versorgen, gelangen die Viren in die vordere und mittlere Schädelgrube (Damasio AR, Van Hoesen GW. J Neurol Neurosurg Psychatry 1985; 48: 297–301). Eine Mitbeteiligung des Gyrus cinguli ist auf eine Infekttransmission entlang der Efferenzen des Hippocampus zum G. cinguli zurückzuführen. Durch eine Rhombenzephalitis (pontine Infektion) kann außerdem retrograd über den V. Hirnnerv der Hirnstamm befallen werden (Scott W. Atlas. Magnetic Resonance Imaging of the Brain and Spine. Lippincott Williams & Willkins 2009; Soo MS, Tien RD, Gray L et al. AJR 1993; 160: 1089–1093). Von einer Neuritis des VIII. Hirnnerven mit gleichzeitiger Rhombenzephalitis und Mesenzephalitis wird in der Literatur berichtet (Awwad EE, Martin DS. AJNR 1991; 12:198). Lange Zeit ging man bei der Entstehung von der Bell'schen Lähmung von einer HSV-1-Infektion des Ganglion geniculatum aus. Schreitet die Erkrankung weiter fort, kann die Inselrinde über die Sylvische Fissur unter Aussparung des Putamens befallen werden.

Diese Reaktivierungen aus den Ganglien und Beteiligungen der Hirnnerven können nur durch kontrastangehobene, dünnschichtige MRT-Techniken dargestellt werden.

Beim Erwachsenen beinhalten die wichtigsten klinischen Symptome einen reduzierten Bewusstseinszustand, fokale neurologische Defizite, Krampfanfälle und Fieber. Die Analyse des gewonnenen Liquors sind nicht spezifisch und häufig gelingt eine Isolation von HSV nicht. In den letzten Jahren hat sich die PCR als Routineverfahren für die schnelle Liquordiagnostik bewährt. Bei etwa 10 % aller Patienten mit PCR-positivem Liquor kann die MRT-Bildgebung negativ sein.

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