Rofo 1949; 71(1): 118-126
DOI: 10.1055/s-0029-1231535
Originalarbeiten

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Hyperostosen des Hirnschädels bei Regulationskrankheiten

H. Bartelheimer - Zeven i. Hann
  • Aus der Medizinischen Universitätsklinik und Poliklinik Greifswald (Direktor: vorm. Prof. Dr. G. Katsch)
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Publication Date:
09 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Eine Durchsicht von zum Zwecke der Selladiagnostik angefertigten Schädelaufnahmen zeigt, daß sich bei einigen Regulationskrankheiten, beim Diabetes, bei der Adipositas, der Akromegalie relativ häufig eine Hyperostosis frontalis findet, besonders bei jenen Formen der Zuckerkrankheit und der Fettsucht, bei denen klinisch Hinweise auf eine gesteigerte Hvl.-Tätigkeit vorliegen, weswegen auch die Röntgenuntersuchung des Schädels veranlaßt worden war. Sie findet sich vornehmlich bei Frauen, auch bei solchen, die noch nicht im Klimakterium sind, wenig bei Männern. Bei der Akromegalie ist die charakteristische Verdickung des Stirnbeines nach innen schon erheblich seltener. Unter 29 Patienten mit Hyperthyreose fand sie sich nur einmal, auch bei einer Polyzythämie und bei polyglandulären Störungen (34 Fälle) war 6mal eine eindeutige Hfi. vorhanden und hierdurch nach unseren heutigen Kenntnissen ein Hinweis auf die veränderte Hvl.-Tätigkeit gegeben. Bei Simmondsscher Kachexie fehlen sie bei 14 Fällen immer, ebenso bei Kranken mit allein ausgeprägtem essentiellen Hypertonus.

Unter den umschriebenen Hyperostosen des Schädels verdienen weiterhin noch die an der Sella turcica bei Krankheiten des Hypophysen-Zwischenhirnsystems Beachtung, die bei der Akromegalie vor allem vorkommen, die außerdem als hohes, steiles Dorsum sellae, als Sellabrücke und -pseudobrücke in Erscheinung treten und bei vorhandener Osteoporose die Kalkarmut des Skeletts gut demonstrieren.

In unserem Material, das, wie gesagt, von Krankheitszuständen stammt, bei denen nach dem klinisch-endokrinologischen Bild an eine Hypophysenstörung gedacht wurde, zeigt sich ferner die auffällige Häufigkeit von Verdickungen der Schädelkalotte. Bei Diabetikern kamen diese in über einem Drittel der Fälle, etwas weniger häufig bei der Adipositas vor. Auch bei essentiellem Hypertonus, bei Simmondsscher Krankheit, bei sonstiger Magersucht, bei polyglandulären Störungen und bei Hypogenitalismus war sie mehrfach ausgeprägt, während sie in unserer Kontrollserie Stoffwechsel- und Kreislaufgesunder immer fehlte.

Diese Beobachtungen weisen einen neuen Weg in der Analyse von Regulationskrankheiten, indem sie Einblicke in Abweichungen des Hypophysen-Zwischenhirnsystems verschaffen, die bei Vorkommen der Stirnbeinhyperostose wohl sicher sind und vielleicht auch an der übrigen Schädelkalotte zu andersartigen, nämlich universellen Knochenverdickungen führen. Erst vergleichende weitere Untersuchungen können über die Entstehung der letzteren jedoch genauere und endgültige Aufschlüsse vermitteln.

Für die Röntgendiagnostik hypophysärer Erkrankungen resultiert die praktisch wichtige Forderung, sich nicht mit einer gezielten Sellaaufnahme zu begnügen, sondern immer auch die vollständige seitliche Schädeldarstellung vorzunehmen.

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