Rofo 1949; 71(3): 428-435
DOI: 10.1055/s-0029-1231568
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Die Analyse der Bewegungsarten der Lungengefäße im Kymogramm und ihre praktische Auswertung

Arthur Gross, E. Neudert - Ass.-Arzt, Bad Nauheim
  • Aus der Heilstätte für Herzkranke der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz, Bad Nauheim (Chefarzt Dr. Arthur Gross)
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Publication Date:
09 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Im Kymogramm lassen sich grundsätzlich Eigenbewegung (Distension) und Mitbewegung (Lokomotion) der Lungengefäße erkennen und voneinander trennen.

Die Distension ist ein seltener Vorgang, sie kann nur zur Darstellung kommen, wenn 1. im kleinen Kreislauf eine Hyperpulsation auf Grund einer erhöhten RR.-Amplitude vorhanden ist, 2. wenn die Lungengefäße keinerlei pathologische Veränderung aufweisen, die die Distension behindern, 3. wenn eine Mitbewegung, die vom benachbarten Herzrand bzw. Gefäßband ausgeht, die Eigenbewegung nicht überdeckt und wenn 4. durch verdichtetes Lungengewebe die Eigenbewegung nicht gehemmt wird. Man kann Eigenbewegung erwarten bei angeborenen Vitien (Ventrikelseptumdefekt, offenem Ductus arteriosus), weiter bei Mitralstenosen, Pulmonalinsuffizienzen und beim Cor pulmonale einschließlich Hypertension im kleinen Kreislauf, sofern keine sklerotischen Veränderungen der Pulmonalgefäße vorliegen.

Die Lokomotion der Pulmonalgefäße ist ein häufiger Vorgang; sie ist abhängig 1. von der Stoßkraft der großen Gefäße bzw. der des Herzens, 2. von der Beschaffenheit des Lungengewebes und 3. von dem Zustand der Gefäße. Starre, sklerotische Gefäße sind leichter mitzubewegen als elastische. Normales Lungengewebe hemmt wie ein Luftkissen die Mitbewegung. Beginnende Infiltration dagegen, bei der die Pulmonalgefäße prall gefüllt sind, begünstigen die Darstellung der Lokomotion bis zu einer gewissen Schwelle. Von da ab verursacht zunehmende Masse des Lungengewebes eine Abschwächung der Mitbewegung. Bei einer akuten Lungenstauung ist im Beginn bei noch ausreichender Herzkraft eine verstärkte Mitbewegung zu erwarten. Nimmt die Mitbewegung im Verlauf weiterer Kontrollaufnahmen ab, so bedeutet dies ein Nachlassen der Herzkraft bzw. eine Zunahme der Stauungserscheinungen. Beide Komponenten (Abnahme der Herzkraft und Zunahme der Stauungserscheinungen) wirken gleichsinnig im Sinne einer Abnahme der Mitbewegung. Ist bei starken Stauungserscheinungen in der Lunge keinerlei Mitbewegung vorhanden und lassen die Zackenbildungen an den Herzrändern auf eine nachlassende Herzkraft schließen (Abnahme der Stoßkraft), so bedeutet Auftreten von Mitbewegung im Verlauf weiterer Kontrollaufnahmen ein Besserwerden der Herzkraft bzw. ein Nachlassen der Stauungserscheinungen.

Chronische Stauungslungen bzw. indurative Lungenveränderungen hemmen die Mitbewegung. Bei starker Herzaktion (starke Stoßkraft) kann Mitbewegung zustande kommen.

Verdichtungslinien können in der Lunge nur zur Darstellung kommen bei Vermehrung der Zeichnungselemente und bei zur Auslösung von Mitbewegung ausreichender Stoßkraft.

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