Diabetologie und Stoffwechsel 2012; 7 - P_16
DOI: 10.1055/s-0032-1314513

Versorgungsstudie zur Erstinsulinisierung geriatrischer Diabetiker im ambulanten Sektor (VEGAS) belegt Bedeutung geriatrischer Syndrome

A Zeyfang 1, R Holl 2, AE Patzelt-Bath 3, S Thoma 3, S Silbermann 3
  • 1AGAPLESION Bethesda Krankenhaus Stuttgart gGmbH, Innere Medizin und Geriatrie, Stuttgart, Germany
  • 2Universität Ulm, Abt. Epidemiologie, Unterrichtsabteilung, Ulm, Germany
  • 3Berlin-Chemie AG, Medizin & Forschung, Berlin, Germany

Fragestellung: Bei niedergel. Ärzten wurden deutschlandweit Daten zu geriatrischen Typ-2-Diabetikern erhoben, um das Kollektiv zu charakterisieren und Entscheidungsgründe bei Insulinisierung zu erfassen.

Methodik: 02 bis 06/2011 beantw. 520 Zentren 5061 standardisierte Fragebogen. Auswertbar waren 4858 Bogen, Statistik SAS V 9.2

Ergebnisse: Beschreibung des Kollektivs vor Insulineinstellung (Mittelw.): Alter 78J (33% >80J), 52% weibl., Diabetesdauer 11J, HbA1c 8,6%, NBZ 168mg/dl, ppBZ 223mg/dl, KG 84,7kg, Bauchumfang 104cm, BMI 30,1kg/m2 (ca. 50% der Patienten(PAT) adipös, 25% untergewichtig), RR 140/82mmHg, Krea (Median) 1,1mg/dl. 96% d. PAT waren körperlich beeinträchtigt, 28% stark gehbehindert, ca. 45% mit mind. einem Sturz in den letzen 3 Monaten. Wohnsituation: 58% m. Angehörigen, 6% betreutes Wohnen, 11% Pflegeheim, 25% allein. Ein kognitives Defizit hatten 33%, 55% eine Depression. 38% waren harninkontinent, 33% gebrechlich und 36%. erhielten Polypharmakotherapie. Begleiterkrankungen betrafen zu 72% Herz, je ca. 30% cerebrovask. o. neurolog. Erkrank. Fast jeder PAT hatte diab. Folgeerkrank.: 55% Neuropathie, je ca. 1/3 Nephropathie, Retinopathie o. makrovask. Folgeerkr., jeder 5. diab. Fuß. Knapp 33% hatten eine Pflegestufe (PFST), 25% benötigten Pflegedienst. Vorbehandlung: 78% Metformin bzw. 53% SH. Medianes Therapieziel: HbA1c 7%. Geplante Therapie: CT 39%, BOT 31%, ICT 20% u. SIT 9%. Ältere, PAT m. höherem HbA1c, kog. Störung oder PFST erhielten häufiger CT als die jew. Vergleichsgruppe.

Die Therapiewahl erfolgte zu 66% wg. besserer HbA1c-Senkung, 56% Einfachheit, 40% selbständige Durchführbarkeit. Ausschließlich Humaninsulin erhielten 53%, Analoga 43%. Mehr als 60% mit Fertigpens. Die Insulininjektion erfolgte zu 62% durch PAT selbst, 29% Pflegedienst, 13% Angehörige. Die Insulinisierung erhöhte Pflegeaufwand bei 23% d. PAT, 11% benötigten dadurch Pflegedienst, ca. 4% benötigten erstmalig nächtl. Pflege. Ein höherer Pflegeaufwand nach Insulinisierung war abhängig von Alter, Diabetesdauer, HbA1c und PFST. Bei 64% der PAT war eine Schulung vorgesehen. Vorgesehene Schulungsprogramme: 25% ZI, je ca. 7% SGS und Medias.

Schlussfolgerungen: Die Daten belegen eindrucksvoll die Vielschichtigkeit geriatrischer Syndrome. Anlass der Insulinisierung war zumeist die HbA1c-Senkung. Die Wahl von Therapieziel und -regime wurde maßgeblich durch die Umsetzbarkeit, insbesondere den Erhalt der Selbstständigkeit bzw. die Notwendigkeit von Pflege, geprägt. Adäquate Schulung auch von kognitiv eingeschränkten PAT mit geeigneten Programmen ist unterrepräsentiert.