Laryngorhinootologie 2013; 92(04): 258-259
DOI: 10.1055/s-0032-1331772
Gutachten + Recht
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Verletzung der Arteria carotis interna bei Adenotomie

HNO-Arzt wegen fahrlässiger Tötung einer 4-jährigen Patientin verurteilt
A. Wienke
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Publication Date:
08 April 2013 (online)

Die Adenotomie ist neben der Paracentese und der Tonsillektomie zweifelsfrei einer der am häufigsten durchgeführten operativen Eingriffe im Fachgebiet der HNO-Heilkunde. Wie auch die Tonsillektomie birgt die Adenotomie – wenn auch statistisch gesehen in einem viel geringeren Ausmaß – zuweilen erhebliche Komplikationsrisiken, insbesondere durch die Gefahr postoperativer und teilweise lebensgefährlicher Blutungen. Bisher sind solche lebensbedrohlichen Komplikationen bei der Adenotomie glücklicherweise die große Ausnahme geblieben, daher gibt es hierzu auch nur ganz vereinzelte gerichtliche Auseinandersetzungen. Neben dem zivilrechtlichen Arzthaftungsverfahren, mit welchem der Patient in der Regel Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend macht, kommt es gelegentlich auch zur Einleitung eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gegen den behandelnden Arzt und ggf. zur Anklageerhebung und anschließender Verurteilung. Von besonderer Bedeutung für die betroffenen Fachkreise, also alle operativ tätigen HNO-Ärzte, sind daher Gerichtsverfahren, in denen es um Fragen ärztlicher Behandlungsfehler und lebensbedrohliche Komplikationen bei einer Adenotomie geht.

Für einiges Aufsehen sorgte daher das Urteil der 2. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 29.05.2009–42 Ns 71/08–, mit dem ein HNO-Arzt nach einer fehlgeschlagenen Adenotomie wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt worden ist. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der HNO-Arzt hatte im Zuge der Adenotomie bei einem 4-jährigen Mädchen die Arteria carotis interna (ACI) verletzt, was einen so erheblichen Blutverlust zur Folge hatte, dass das Kind 2 Tage nach dem Eingriff verstarb.

Unter medizinischen Gesichtspunkten erörtert Prof. Dr. Rudert dieses tragische Behandlungsgeschehen an anderer Stelle in diesem Heft. Die juristischen Aspekte des Falles sowie die Besonderheiten des Behandlungsfehlervorwurfs im Strafprozess werden nachstehend thematisiert und erläutert.