Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e14
DOI: 10.1055/s-0038-1667904
SYMPOSIEN
Human Factors in Infection Prevention: Psychosoziale Perspektiven und Interventionen (Symposium des Arbeitskreises Sozialpsychologische Aspekte von Gesundheit und Krankheit der DGMP in Zusammenarbeit mit der AG Versorgungsforschung der DGMS)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Interventionen zur Infektionsprävention – zwischen Forschungsergebnissen und Hygieneroutine: Ein Realitätscheck nach drei Jahren verhaltenspsychologisch orientierter Infektionsprävention am Universitätsklinikum Leipzig

B Schock
1   Universitätsklinikum Leipzig, Institut für Hygiene, Krankenhaushygiene und Umweltmedizin, Leipzig, Deutschland
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Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Die Verbesserung von Hygienemaßnahmen ist eine stetige Herausforderung. Seit Jahren werden zahlreiche Interventionsprogramme in verschiedenen Studiendesigns erprobt. Die PSYGIENE-Studie konnte innerhalb Deutschlands zeigen, dass maßgeschneiderte verhaltenspsychologische Interventionen beim medizinischen Personal nachhaltig zur Verbesserung der Händehygiene-Compliance führen [1]. Innovative Konzepte ermöglichen während der Studienlaufzeit erfolgsversprechende Ergebnisse, es bleibt jedoch oftmals unklar, wie sich die Forschungsimpulse in die Hygiene-Routine integrieren lassen. Daher erfolgt ein Realitätscheck nach drei Jahren verhaltenspsychologisch orientierte Infektionsprävention am Universitätsklinikum Leipzig (UKL).

Material & Methoden:

Standardisiertes Interview des Hygienepersonals vom Institut für Hygiene, Krankenhaushygiene und Umweltmedizin mit Kurzfragebogen zum Nutzen und Akzeptanz der verhaltenspsychologisch orientierten Infektionsprävention (5er-Likert-Skala; 1 = trifft voll und ganz zu bis 5 = trifft überhaupt nicht zu).

Ergebnisse:

Die Befragung wurde mit allen Mitarbeiter des Instituts durchgeführt (N = 15; Ärzte = 5), die an dem Entwicklungsprozess der maßgeschneiderten Interventionen (MI) am UKL beteiligt waren. Nahezu alle Mitarbeiter geben an, dass sie gern Feedback erhalten, jedoch wird ein Feedback zur Verbesserung von Arbeitsweisen (AW) weniger im Gegensatz zu den eigenen Stärken gewünscht (MWVerbesserung AW= 2,6 vs. MWFeedback Stärken= 1,4). Gewohnheiten auf Arbeit zu ändern, fällt nur 20% leicht. Der Nutzen von MI ist allen bekannt, jedoch geben weit über 80% an, dass sie nicht von Beginn an überzeugt waren. Als Gründe für eigene Widerstände gegenüber der Impulse geben die Mitarbeiter u.a. Angst und Unsicherheit, fehlende Einsicht sowie fehlende Identifikation mit den MI an. Die Akzeptanz und routinierte Anwendung der MI wird u.a. mit positiven Erfahrungen auf Station, Änderung der Einstellung und Austausch im Hygiene-Team erklärt.

Diskussion:

Bisher wurden nur Widerstände gegenüber infektionspräventiver Maßnahmen vom Stationspersonal erforscht. Um langfristige Erfolge innerhalb der Infektionsprävention zu erzielen, sollten Hygiene-Akteure, die die Forschungsergebnisse in die Routine implementieren sollen, hinsichtlich Ihrer Einstellungen und Motivation gegenüber MI untersucht und unterstützt werden.

Schlussfolgerung:

Verhaltenspsychologisch orientierte Infektionsprävention braucht Zeit: Sowohl im Stationsalltag als auch in der Etablierung im Hygiene-Team selbst.

Literatur:

von Lengerke T, Lutze B, Krauth C, Lange K, Stahmeyer JT, Chaberny IF. Förderung der hygienischen Händedesinfektion. Clusterrandomisierte kontrollierte Studie PSYGIENE zur Evaluation maßgeschneiderter Interventionen. Dtsch Arztebl Int 2017; 114(3): 29 – 36.