Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e62
DOI: 10.1055/s-0038-1667984
POSTER
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pflegerische Versorgung älterer Migrant/innen in Berlin

PT Sonntag
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland
,
V Krobisch
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland
,
L Schenk
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Derzeit erreichen Migrant/innen aus den ehemaligen Anwerbeländern sukzessive das Rentenalter. Dies geht mit der Anforderung einher, die Altenpflege migrationssensibel zu gestalten. Die Datenlage zur pflegerischen Versorgung von Migrant/innen in Deutschland ist indes unzureichend (Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales 2011, Kohls 2012). Der Beitrag analysiert, inwieweit ambulante Pflegeangebote mit den Erwartungen von (türkeistämmigen) Migrant/innen in Berlin an eine pflegerische Versorgung korrespondieren und welche angebotsseitigen Faktoren eine migrationssensible Angebotsausrichtung der Pflegedienste begünstigen.

Methoden:

Datengrundlage bilden eine quantitative Befragung zu Alterns- und Pflegeorientierungen von Türkeistämmigen (Krobisch et al. 2014; n = 194) sowie eine Online-Befragung ambulanter Pflegedienste (Sonntag et al. 2015; n = 211) in Berlin. Die statistische Auswertung beinhaltet uni- und bivariate Analysen. Weitergehende multivariate Analysen werden derzeit realisiert.

Ergebnisse:

Die Frage nach einer migrationssensiblen Angebotsausrichtung beantwortete die Mehrheit der befragten Pflegedienste mit „teilweise“ (49,4%) oder „zutreffend“ (32,8%). 17,8% schätzen ihr Angebot als nicht migrationssensibel ein. Die Vergleichsanalyse zeigt, dass den Erwartungen der Migrant/innen im Bereich der Grund- bzw. Körperpflege sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung größtenteils entsprochen wird. Deutliche Diskrepanzen zwischen Pflegeerwartungen und -angebot manifestieren sich im Bereich der Kommunikation. Während ältere Migrant/innen der Versorgung in der Muttersprache eine erhebliche Relevanz zuweist (78,7%), ist dies nur bei wenigen Pflegediensten (23,3%) Bestandteil des Leistungskatalogs. Mit einem muttersprachlichen Pflegeangebot assoziiert sind die Merkmale Trägerschaft, Gründungsjahr, Spezialisierung auf Migrant/innen sowie die Anzahl an Nutzer/innen und Mitarbeiter/innen mit Migrationshintergrund.

Diskussion:

Die Studie ermöglichte erstmalig, die Erwartungen älterer (türkeistämmiger) Migrant/innen und die Ausrichtung ambulanter Pflegeangebote in Relation zu setzen, und lieferte aktuelle Daten zu Art und Umfang migrationssensibler Angebote im ambulanten Setting. Zukünftige Forschung sollte eine solche Analyse für das gesamte Bundesgebiet durchführen.

Schlussfolgerung:

Erste Anstrengungen seitens der ambulanten Pflegedienstanbieter wurden unternommen, um sich auf die wachsende Gruppe der pflegebedürftigen Migrant/innen einzustellen. Verbesserungspotenzial im bestehenden ambulanten Pflegeangebot lässt sich insbesondere im Bereich der Kommunikation lokalisieren.