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DOI: 10.1055/s-0040-1705796
Hämatemesis mit ungewöhnlicher Ursache
Ein 36-jähriger Patient stellte sich selbständig in unserer Notaufnahme vor, nachdem er am Aufnahmetag mehrmals frischblutig erbrochen hatte. Seit ca. einer Woche litt er an einem fieberhaften Infekt mit Übelkeit und starken Gliederschmerzen. Vorerkrankungen waren nicht zu eruieren. Der Pat. arbeitet als Hausmeister und gab an, zwei Wochen zuvor einen Fäkalientank gereinigt zu haben.
Aufnahmestatus Leitsymptome waren Zeichen einer GI-Blutung (Teerstuhl) und Sklerenikterus. Der Oberbauch war druckschmerzhaft, wies aber keine Abwehrspannung auf. Der Patient war sinustachykard (f = 125/min.), aber nicht hypoton (RR 125/75 mmHg).
Diagnostik Die bei Aufnahme durchgeführte Notfallendoskopie zeigte einen Mallory-Weiss-Einriss im aboralen Ösophagus mit wandadhärentem Thrombus, jedoch initial ohne aktive Blutung. Bei schwerem Krankheitsbild erfolgte die Einweisung auf die internistische Intensivstation. Initial lag nur eine leichte Blutungsanämie vor, aber es bestand eine ausgeprägte Infektkonstellation sowie eine deutliche Thrombopenie, ohne dass ein klassischer Infektfokus erkennbar war. Zudem fanden sich ein akutes Nierenversagen und eine ausgeprägte Hyperbilirubinämie bei nur mäßiggradiger Erhöhung der Transaminasen und der γGT. Eine mechanische Cholestase oder eine Hämolyse lagen nicht vor.
Diagnose In der Zusammenschau dieser Laborkonstellation und einer potentiellen Exposition gegenüber Rattenausscheidungen (Reinigung Fäkalientank), stellten wir die Verdachtsdiagnose einer Leptospirose mit infektassoziierter Emesis und konsekutivem Mallory-Weiss-Syndrom. Dieser Verdacht bestätigte sich im Verlauf serologisch.
Therapie Bereits am Aufnahmetag wurde eine antibiotische Therapie mit Ceftriaxon begonnen. Aufgrund der infektassoziierten Multiorgandysfunktion (MODS) mit Beeinträchtigung von Nieren- und Leberfunktion und der im Verlauf progredienten Verschlechterung der respiratorischen Situation mit passagerer Vigilanzminderung entschieden wir uns frühzeitig für eine systemische Steroidtherapie, da bei der schweren Leptospirose v.a. immunologisch vermittelte Komplikationen (u. a. pulmonale Hämorrhagien) oft hochproblematisch sind und durch Steroide abgemildert werden können. Unter diesen Maßnahmen waren die Infektparameter rasch rück-läufig und die Nierenfunktion wie auch die Thrombopenie normalisierten sich. Auch die Leberfunktionsstörung (welche bei der Leptospirose meist nicht durch Leberzellnekrosen, sondern durch eine intrahepatische Störung der Gallensäurensekretion verursacht ist) bildete sich zurück. Leider kam es trotz normalisierter Thrombozytenzahl, stabiler plasmatischer Gerinnung und durchgehend hochdosierter PPI-Therapie immer wieder zu Rezidivblutungen aus dem unteren Ösophagus, weshalb im Verlauf mehrmals endoskopische Blutstillungen und Bluttransfusionen erforderlich wurden. Außerdem wurde unter Annahme einer Hyperfibrinolyse, welche bei schwerer Leptospirose auftreten kann, Tranexamsäure verabreicht. Bei rezidivierender Hämatemesis wurde der Patient schutzintubiert und später tracheotomiert. Endoskopisch ursächlich für die rezidivierenden Blutungen zeigte sich neben der bereits initial diagnostizierten Mallory-Weiss-Läsion eine hochgradig kontakt-vulnerable Schleimhaut bei diffuser Ösophagitis im aboralen Ösophagus. Begünstigt wurde diese durch einen massiven Gallereflux bei (vermutlich infektassozierter) passagerer Gastroparese und axialer Hiatushernie. Unter totaler parenteraler Ernährung und Zugabe von Prokinetika stabilisierte sich die klinische Situation. Nach insgesamt fünf Wochen stationärer Behandlung (davon drei Wochen Beatmungstherapie) kam es zur restitutio ad integrum.
Später ergaben Nachforschungen des Gesundheitsamtes, dass der Patient einen Monat vor Beginn der Symptome eine Rattenfamilie als Haustiere gehalten hatte. Von diesen Ratten wurden zwei Exemplare positiv auf Leptospiren getestet.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
10. Juni 2021
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