Z Gastroenterol 2021; 59(06): e75
DOI: 10.1055/s-0040-1705803
Interessanter Fall: Abstract 2021

Hämolyse nach submukosaler Gabe von Glycerosteril im Rahmen einer ESD

DM Pop
1   Medizinische Klinik II, Akademisches Lehrkrankenhaus Landshut Achdorf, Technische Universität München
,
N Stein
1   Medizinische Klinik II, Akademisches Lehrkrankenhaus Landshut Achdorf, Technische Universität München
,
A Findeis
2   Anästhesie, Akademisches Lehrkrankenhaus Landshut Achdorf, Technische Universität München
,
J Haimerl
3   Medizinische Klinik I, Akademisches Lehrkrankenhaus Landshut Achdorf, Technische Universität München
,
M Anetseder
2   Anästhesie, Akademisches Lehrkrankenhaus Landshut Achdorf, Technische Universität München
,
B Neu
1   Medizinische Klinik II, Akademisches Lehrkrankenhaus Landshut Achdorf, Technische Universität München
› Author Affiliations
 

Hintergrund Die endoskopische submukosale Resektion (ESD) ist eine Möglichkeit zur histologischen Diagnose und En-bloc-Schleimhautresektionstechnik von potenziell malignen Läsionen bzw. Frühkarzinomen. Hierbei wird die Läsion unterspritzt und im Submukosalspalt abpräpariert. Es gibt verschiedene Lösungen zum Unterspritzen. Für die ESD eignet sich Glycerosteril, bestehend aus 10 %iger Glycerol-GlucoseNaCl-Lösung, besonders gut. Die Literatur zeigt, dass die Dissektion bei einer Injektion mit Glycerosteril-Injektion schneller durchzuführen ist als bei Injektion mit Kochsalzlösung. Einen Unterschied zwischen beiden Techniken bzgl. der Komplikationsrate wurde nicht beschrieben (1). Eine akute hämolytische Anämie mit Hämoglobinurie wurde nach intravenöser Gabe von Glycerosteril in Einzelfällen beschrieben. Die maximale intravenöse Tagesdosis von Glycerolsteril entspricht 7,14 ml/kg KG/h und die maximale Infusionsgeschwindigkeit 1,78 ml/kg KG/h (2). In der Literatur wurden bis dato zwei Fälle von Hämoglobinurie nach intrarektaler Glycerolgabe in Form von Einläufen beschrieben (3,4). Es gibt aktuell keine Daten über das Auftreten einer Hämoglobinurie/Hämolyse im Rahmen der Anwendung von Glycerolsteril bei der EMR/ESD.

Methoden und Ergebnisse Wir berichten den Fall einer 57-jährigen Patientin mit einem rektalen, zirkumferentiell von 7–11 cm ab ano wachsenden Polyp von 50 × 45 mm, LST-G mixed Type mit großem Nodulus. Histologisch zeigte sich in den entnommenen Biopsien ein tubuläres Adenom mit schweren Epithelatypien (high-grade). Bei fehlendem Anhalt für ein invasives Wachstum wurde eine ESD geplant. Die ESD erfolgte unter Intubationsnarkose (verwendete Medikamente: Propofol, Fentanyl, Atracurium, Remifentanil und Desfluran). Nach Markieren des Dissektionsrandes mit dem Dualknife wurde das Unterspritzen des Polypen mit Glycerolsteril 10 %-ige Lösung, Toluidinblau und Suprarenin 1:10.000 durchgeführt. Die Zirkumzision und Präparation in Tunneltechnik erfolgte unproblematisch, kleinere intrainterventionelle Blutungen wurden mit Suprarenin und Coagrasper gestoppt. Während der Untersuchung fiel ein bräunlich-rot-gefärbter Urin auf, laborchemisch bestätigte sich eine intravasale Hämolyse. Da als einzige ersichtliche Ursache der Hämolyse das Glycerolsteril in Frage kam, gehen wir von einer nahezu vollständigen Resorption der Lösung über die rektale Submukosa aus. Zum Zeitpunkt des Auftretens der Hämolyse waren 550 ml Glycerolsteril injiziert worden. Die Injektion mit Glycerolsteril wurde abgebrochen, die Resektion der Läsion mit Injektion von Kochsalzlösung 0,9 % fortgesetzt. Postinterventionell wurde die Patientin zunächst auf unserer IMC Station überwacht. Nach nephroprotektiver i.v. Flüssigkeitssubstitution besserten sich die Laborwerte in den nächsten Stunden. Der Urin war klar, es fanden sich laborchemisch keine Zeichen einer fortgesetzten Hämolyse. Die Patientin konnte nach 3 Tagen entlassen werden. Die Histologie zeigte ein tubuläres Adenom mit mäßigen, herdförmig schweren Epithelatypien (herdförmig high-grade).

Schlussfolgerung Es ist bereits bekannt, dass eine intravenöse (2) – schneller als 1,78 ml/kg KG/h durchgeführte – sowie eine rektale Glycerosterilgabe zu einer Hämaturie/Hämolyse führen können (3,4). Unser Fall zeigt, dass es auch bei einer submukösen Injektion von Glycerosteril zu einer Resorption kommen und diese zu einer intravasalen Hämolyse führen kann. Daher sollte auch bei submuköser Injektion die maximal tolerable Dosis von Glycerolsteril pro Zeitintervall – vergleichbar der iv. Injektion – eingehalten werden.



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Article published online:
10 June 2021

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