Z Gastroenterol 2021; 59(06): e78
DOI: 10.1055/s-0040-1705806
Interessanter Fall: Abstract 2021

Endometriose des Kolon sigmoideum als Ursache einer Hämatochezie

S MW
1   Medizinische Klinik III, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie, Universitätsklinik Augsburg
,
G SK
1   Medizinische Klinik III, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie, Universitätsklinik Augsburg
,
T Schaller
2   Institut für Pathologie und molekulare Diagnostik, Universitätsklinik Augsburg
,
H Messmann
1   Medizinische Klinik III, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie, Universitätsklinik Augsburg
› Author Affiliations
 

Eine 36jährige Patientin wurde zur endoskopischen Therapie eines auswärts diagnostizierten 40 mm großen Sigmapolypen stationär aufgenommen. Es bestünden seit etwa einem Jahr intermittierend rektale Blutungen. Bei der Patientin (Gravida: III, Para: III) war nach einer Sectio caesarea mit Tubenligatur 2011 aufgrund von therapierefraktären Vaginalblutungen 2013 eine laparoskopische suprazervikale Hysterektomie durchgeführt worden. Bei fortbestehenden Symptomen war eine Zervixstumpfexstirpation und zusätzlich 2018 eine laparoskopische Teilovarektomie bei eingebluteter Endometriosezyste rechts erfolgt.

Endoskopisch fand sich bei 25 cm ab ano ein 30 mm messender kurzgestielter Polyp. Dieser konnte nach Infiltration der Polypenbasis mit Suprarenin 1: 100,000 mit der Schlinge in einem Stück abgetragen werden. Die Abtragungsstelle wurde anschließend mit 9 Metallclips versorgt. Postinterventionell war die Patientin stets beschwerdefrei, und es bestand kein Anhalt für eine Komplikation im kurzfristigen Verlauf.

Die histopathologische Untersuchung des Resektats ergab einen inflammatorisch veränderten, oberflächlich erodierten Granulationspolypen. Dieser war durch einen 20 mm großen Endometrioseherd innerhalb der Muscularis, am ehesten der Muscularis mucosae, bedingt.

In einer Kontrollkoloskopie sechs Wochen nach Polypektomie zeigte sich die Abtragungsstelle zeitgerecht vernarbt und ohne Anhalt für ein Rezidiv. Entnommene Biopsien von der Polypektomienarbe enthielten unauffällige Kolonschleimhaut. Da die Symptome der Patientin bereits nach der primären Intervention sistierten, erschien unter Kenntnis des lokalen Verlaufsbefundes ein abwartendes Verhalten gerechtfertigt.

Die Endometriose ist eine häufige Erkrankung, bei der Gebärmutterschleimhaut außerhalb des Organs vorkommt. Die Ursache scheint am ehesten eine Verschleppung und damit Transplantation von Endometriumzellen durch retrograde Menstruation oder auch gynäkologische Operationen zu sein. Dementsprechend kommt sie am häufigsten in räumlicher Nähe zum Uterus vor. Die Manifestation in Tuben, Ovar, pelvinem Bandapparat und pelvinem Peritoneum entspricht der klassischen pelvinen Form, gefolgt von der intestinalen Endometriose (3,8–37 %) und der Endometriose der ableitenden Harnwege (0,3–12 %). Es sind Manifestationen in beinahe jedem Organ des weiblichen Körpers beschrieben.

Bei der intestinalen Endometriose sind am häufigsten das Colon sigmoideum sowie das Rectum und die Appendix betroffen. Meist beschränkt sich der Befall auf die Serosa, eine tiefere Infiltration ist jedoch möglich. Seltene aber schwerwiegende Komplikationen sind mechanischer Ileus und Perforation.

Symptome sind Dysmenorrhö und Dypareunie, sowie abdominelle Beschwerden (Dyschezie, Tenesmen, Meteorismus, Obstipation, Meläna, Diarrhö, Erbrechen und Hämatochezie). Vom Ovarialzyklus abhängige Symptome sind pathognomonisch, aber bei der intestinalen Endometriose selten. Diagnostisch kommen vaginale und rektale Palpation, sowie schnittbildgebende Verfahren zum Einsatz (Sonographie, CT, MRT). Diese sind jedoch weniger sensitiv, als die Operation, die weiterhin den diagnostischen Goldstandard darstellt.

Die Therapie der intestinalen Endometriose sollte interdisziplinär und individualisiert nach Symptomlast erfolgen. Die chirurgische Resektion ist die einzige kurative Therapiemöglichkeit. Eine hormonale Therapie (z.B. mit Dienogest) hat eine begrenzte symptomkontrollierende Wirkung, vorauszusetzen sind jedoch die dauerhafte Einnahme und die Akzeptanz der Kontrazeption.

Während in der Literatur die Therapie von Endometrioseherden chirurgisch oder medikamentös erfolgte, wird im vorliegenden Fall von einer erfolgreichen endoskopischen Abtragung berichtet.



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Article published online:
10 June 2021

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