Z Geburtshilfe Neonatol 2020; 224(06): 397
DOI: 10.1055/s-0040-1709327
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Erfahrungen mit Dimethylfumarat zur Behandlung von Multipler Sklerose und Psoriasis in der Schwangerschaft

W Paulus
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie, Ulm, Deutschland
,
U Friebe-Hoffmann
2   Universitätsfrauenklinik Ulm, Ulm, Deutschland
,
W Janni
2   Universitätsfrauenklinik Ulm, Ulm, Deutschland
› Author Affiliations
 

Zielsetzung Dimethylfumarat ist seit 2014 zur peroralen Behandlung Erwachsener mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose in der EU zugelassen. Außerdem wird der Wirkstoff schon seit langem zur oralen Therapie der Psoriasis eingesetzt. Tierversuche ergaben widersprüchliche Ergebnisse bezüglich teratogener Effekte. Bisher wurden nur wenige kleine Fallserien publiziert, die kein erhöhtes Risiko in der menschlichen Schwangerschaft erkennen ließen.

Methoden Im Rahmen einer prospektiven Follow-up-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1990 und 2019 26 Schwangerschaftsausgänge nach Eintritt einer Schwangerschaft unter Anwendung von Dimethylfumarat dokumentiert. Nach Feststellung der ungeplanten Schwangerschaften wurde unser Zentrum von den betreuenden Fachärzten im Hinblick auf ein mögliches teratogenes Risiko kontaktiert. Drei Monate nach dem errechneten Entbindungstermin erhielten die Anfragenden einen strukturierten Erhebungsbogen zur Dokumentation von Schwangerschaftsverlauf und -ausgang.

Ergebnisse 12 Patientinnen wurden wegen Multipler Sklerose, 14 Patientinnen wegen Psoriasis mit Dimethylfumarat behandelt. Das mütterliche Alter lag zwischen 20 und 41 Jahren (Median: 32 Jahre). Zwei Patientinnen entschieden sich aufgrund der insuffizienten Datenlage zum Schwangerschaftsabbruch, vier Fälle endeten mit einem Spontanabort, ein Fall mit einem intrauterinen Fruchttod in der 25.SSW. 19 Schwangerschaften wurden ausgetragen (darunter eine Geminigravidität), wobei die Therapie mit Dimethylfumarat nur in drei Fällen bis zum Ende der Schwangerschaft beibehalten wurde. Das Geburtsgewicht der 20 Kinder (Mädchen: n = 9, Jungen: n = 11) lag zwischen 865 g und 4.550 g (Median: 3.438 g) bei einem Geburtstermin zwischen SSW 31/6 und SSW 41/4 (Median: SSW 39/1). Die Neugeborenen zeigten keine Fehlbildungen.

Diskussion Unsere prospektive Follow-up-Studie ließ kein teratogenes Potenzial von Dimethylfumarat erkennen. Allerdings sollte angesichts der begrenzten Erfahrungen mit Dimethylfumarat bei Kinderwunsch auf alternative Behandlungen von Multipler Sklerose und Psoriasis umgestellt werden.



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Article published online:
04 December 2020

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