Z Geburtshilfe Neonatol 2020; 224(06): 397
DOI: 10.1055/s-0040-1709328
Poster

Infektionsdiagnostik und -therapie bei drohender Frühgeburt ohne vorzeitigen Blasensprung – Ergebnisse einer Online-Umfrage an deutschen Perinatalzentren

T Pech
Universitätsfrauenklinik und Poliklinik am Klinikum Südstadt Rostock
,
B Gerber
Universitätsfrauenklinik und Poliklinik am Klinikum Südstadt Rostock
,
J Stubert
Universitätsfrauenklinik und Poliklinik am Klinikum Südstadt Rostock
› Author Affiliations
 

Zielsetzung Schätzungsweise 40 % der spontanen Frühgeburten unter 32 SSW sind auf eine intrauterine Infektion zurückzuführen. Wichtigster Mechanismus der Erregerausbreitung ist die vaginale Keimaszension. Allerdings fehlt es an wissenschaftlicher Evidenz hinsichtlich des diagnostischen und therapeutischen Infektionsmanagements im Zusammenhang mit einer drohenden Frühgeburt ohne vorzeitigen Blasensprung. Ziel der Studie war es, das praktische Vorgehen an deutschen Perinatalzentren zu untersuchen.

Methoden Durchführung einer bundesweiten Online-Umfrage an allen Perinatalzentren Level I/II zum Problem der Infektionsdiagnostik und –therapie bei drohender Frühgeburt.

Ergebnisse Die Rücklaufquote betrug 31,6 % (n = 67/212), davon waren 83,6 % Level-I-Zentren. 82 % aller teilnehmenden Zentren verfügen über einen hausinternen Standard zum Infektionsmanagement bei drohender Frühgeburt ohne vorzeitigen Blasensprung. 78,8 % aller Kliniken verzichten auf eine kalkulierte Antibiotikatherapie ohne Infektionsnachweis. In 7 Zentren (10,4 %) wird hingegen generell bei drohender Frühgeburt unter 34 SSW eine Antibiotikatherapie gegeben. Im Rahmen der weiterführenden Diagnostik werden CrP- und Leukozytenbestimmungen sowie eine vaginale Abstrichentnahme zum Erregernachweis in über 90 %, vaginale pH-Messungen in 75 % sowie Amsel- oder Nugent-Score in 27 bzw. 15 % durchgeführt. Die Bereitschaft, vaginal nachgewiesene Erreger wie E. coli oder Enterokokken auch bei unauffälligem Amsel-/Nugent-Score zu behandeln, ist hoch (51/67; 76,1 %). 70,1 % aller Zentren führen nach Therapiebeendigung Abstrichkontrollen und gegebenfalls auch erneute antibiotische Maßnahmen durch. Neben Antibiotika werden lokal antiseptische Maßnahmen von 71,6 % der Zentren eingesetzt. Auch nach vollendeter 34. SSW werden vaginale Erreger, die von der Standortflora abweichen in 62,7 % behandelt.

Diskussion Infektionsdiagnostik- und -therapie werden bei drohender Frühgeburt ohne vorzeitigen Blasensprung deutschlandweit sehr unterschiedlich gehandhabt. Entgegen der aktuellen deutschen Leitlinienempfehlung wird in der Praxis häufig antibiotisch therapiert. Es besteht ein Bedarf an randomisierten Studien mit klar definierten Diagnose- und Therapiealgorithmen, um den Stellenwert einer antiinfektiven Therapie besser beurteilen zu können.



Publication History

Article published online:
04 December 2020

© 2020. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany