Z Geburtshilfe Neonatol 2020; 224(06): 404-405
DOI: 10.1055/s-0040-1718982
Poster

Trio-Exom-Sequenzierung in der humangenetischen Pränataldiagnostik: Erfahrungen aus 500 Fällen

H Gabriel
1   Praxis für Humangenetik Tübingen
,
D Korinth
1   Praxis für Humangenetik Tübingen
,
C Wilhelm
1   Praxis für Humangenetik Tübingen
,
S Biskup
1   Praxis für Humangenetik Tübingen
› Author Affiliations
 

Zielsetzung Bei ca. 2-3% aller Schwangerschaften werden fetale Ultraschallauffälligkeiten festgestellt. Zur Abklärung einer genetischen Ursache können mit Chromosomenanalyse sowie FISH und Mikroarray bis zu 20% aufgeklärt werden. Für die überwiegende Mehrzahl war lange Zeit eine weiterführende, molekulargenetische Diagnostik nicht verfügbar. Mittels Trio-Exom-Sequenzierung (Trio-WES) werden die proteinkodierenden Abschnitte aller ca. 23.000 Gene von Index und Eltern sequenziert, gefiltert und bioinformatisch verrechnet. Postnatal führt dieser Ansatz zu einer hohen Aufklärungsrate von ca. 40% in relativ kurzer Bearbeitungszeit, was diesen Ansatz in der zeitkritischen Pränataldiagnostik interessant macht. Zielsetzung dieser Studie war es, die Trio-WES für die Aufklärung fetaler Auffälligkeiten einzusetzen und ihren diagnostischen Wert zu bewerten.

Methode und Patienten/Material Im Zeitraum vom 07/2018 bis 08/2020 wurden 500 sonographisch auffällige Schwangerschaften nach humangenetischer Beratung und Ausschluss der häufigsten Aneuploidien mittels NIPT, FISH oder Chromosomenanalyse mittels Trio-WES molekulargenetisch analysiert.

Ergebnis Bei ca. 35% der Föten konnte eine molekulargenetische Diagnose als Ursache der fetalen Ultraschallauffälligkeiten gestellt werden. Mit >50% am höchsten war die Aufklärungsrate bei syndromalen Fällen. Mit 48% wurden kausative de-novo-Varianten am häufigsten nachgewiesen, gefolgt von autosomal-rezessiven Erkrankungen in 31% der Fälle. In 2-7% der Fälle konnten parentale Mosaike, X-chromosomal vererbte Erkrankungen, pathogene mitochondriale Varianten, UPD bzw. parentale Vererbung nachgewiesen werden. Die Bearbeitungsdauer betrug durchschnittlich 12 Tage.

Diskussion Die hohe Aufklärungsrate belegt, dass die Trio-WES eine effiziente diagnostische Methode zur Aufklärung der Ursache fetaler Fehlbildungen im Rahmen der humangenetischen pränatalen Stufendiagnostik darstellt. Die speditiv erhobenen Daten liefern einen unschätzbaren Beitrag in der jeweiligen humangenetischen Beratungssituation bzgl. Diagnosestellung, Prognose, Wiederholungswahrscheinlichkeit und prädiktive Diagnostik. Die Untersuchung erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gynäkologen und Humangenetikern und ggf. Medizinethikern, um die Besonderheiten der pränatalen humangenetischen Diagnostik gerecht zu werden.



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Article published online:
04 December 2020

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