Ultraschall Med 2005; 26 - P119
DOI: 10.1055/s-2005-917619

STELLENWERT DER SONOGRAPHIE BEI EINEM ZERVIKOTHORAKALEN NON-HODGKIN-LYMPHOM (KASUISTIK)

R Stenger 1, S Weigel 1, N Bachmaier 1, H Wiersbitzky 2, M Schuldt 3, G Lorenz 4, J Beck 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Kinder-und Jugendmedizin
  • 2Institut für Diagnostische Radiologie
  • 3Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie
  • 4Institut für Pathologie, Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald, Germany

Problemstellung: Rasch proliferierende Raumforderungen im Halsbereich erfordern eine Notfalldiagnostik dieser vital sensiblen Region. Zur Primärdiagnostik für die Halsweichteile scheint die nichtinvasive Sonographie besonders im Kindes-und Jugendalter geeignet zu sein. Bei einem Fall mit zervikothorakalem Non-Hodgkin-Lymphom wurde der Stellenwert der Ultraschallbefunde mit weiteren bildgebenden Verfahren verglichen.

Methoden: Bei einem 13 Jahre alten Knaben mit bisher unauffälliger Anamnese trat im Zeitraum von 5 Tagen eine progrediente Schwellung der ventralen Halsweichteile mit einer diskreten Ruhedyspnoe und einem sichtbaren, derben, infiltrierenden Tumor der li. Thoraxwand in Höhe der Mamille auf. Röntgenologisch fand sich nur eine diskrete Verbreiterung des Mediastinums. Die Routinelaborwerte waren ohne pathologischen Hinweis. Die Ultraschalluntersuchung der Halsweichteile, der Thoraxwand und des vorderen Mediastinums erfolgte mit einem hochfrequenten Schallkopf (6–10MHz).

Ergebnisse: Die sonographisch dargestellte ventrale halbzirkuläre Schwellung des Halses war teilweise inhomogen und knotig mit vergleichbarer Textur von Lymphknoten. Sie ließ sich gemeinsam mit infiltrativen tumorösen Veränderungen der li. Thoraxwand bis ins vordere Mediastinum verfolgen. Die dort darstellbare Raumforderung von ca. 3×3cm wurde dem li. Thymuslappen zugeordnet. Durch die Tumorkompression besaß die altersgerecht große, gut abgrenzbare Schilddrüse eine deutlich höhere Echogenität und war nach dorsal verdrängt. Subglottisch wurde eine tumorbedingte Trachealstenose angenommen. Der Tumor verdrängte die Gefäße und schlecht abgrenzbaren Mm. sternocleidomastoidei nach lateral. Die hirnversorgender Arterien und Venen waren in dieser Region gut darstellbar, wobei die li. V. jugularis streckenweise durch den Tumor eingeengt wurde. Pleura- und Perikardergüsse sowie sonomorphologisch-pathologische Veränderungen im Abdomen bestanden nicht. Ausgehend von Lokalisation und Ultraschalltextur wurde der Verdacht auf ein Lymphom erhoben. CT und MRT bestätigten die morphologischen Befunde, wobei das MRT den Verdacht auf raumforderndes Lymphom ausgehend vom li. Thymuslappen erhärtete. Wegen des vital bedrohlichen Zustands erfolgten im Rahmen des Tumormanagements sofortige Probeexzisionen im Hals- und M. pectoralis- Bereich. Immunhistologisch wurde ein malignes Non-Hodgkin-Lymphom der B-Zell-Reihe gesichert und mit der Therapie nach dem BFM-Protokoll sofort begonnen.

Schlussfolgerungen: Die Ultraschalluntersuchung kann mit hochfrequenten Schallköpfen sofort einen effektiven Beitrag zur Diagnostik von Tumoren im Halsbereich und vorderen Mediastinum leisten. Die MRT stimmte vollständig mit dem sonographischen Befund überein und bildete bei einem größeren Bildausschnitt die Raumforderung besser ab. Die frühzeitige Erkennung der trachealen Kompression führte zur Beschleunigung der weiteren Diagnostik und Therapie.