Ultraschall Med 2005; 26(5): 366-367
DOI: 10.1055/s-2005-919738
Reflexe

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Buchbesprechung - Lehratlas der Mammographie

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. Oktober 2005 (online)

 

László Tabár, Peter B. Dean

überarb. u. erw. Aufl., kart. Sonderausgabe, 248 S. 59,95 €

2004 Stuttgart: Thieme, ISBN 3-13-139742-X

Die Diagnose und Behandlung des Brustkrebses zum frühestmöglichen Zeitpunkt ist gegenwärtig unsere aussichtsreichste Chance bei der Bekämpfung des Mammakarzinoms. Die wirkungsvollste Methode bei der präklinischen Frühdiagnose stellt dabei die korrekt angewandte und interpretierte Mammographie dar. Derzeit besteht aber immer noch ein Mangel an radiologisch tätigen Ärzten mit hinreichend gutem Kenntnisstand auf dem Gebiet der Interpretation der Röntgenmammographie. Dieser Atlas soll diesen Mangel beheben und soll mammographisch tätigen Ärzten radiologisches Expertenwissen vermitteln und gibt präzise Anleitungen zu einer optimalen Mammographiebildinterpretation. Er leitet systematisch und didaktisch gut gemacht den Untersucher darauf hin pathologische Veränderungen der Mamma im Röntgenbild zu erkennen, zu analysieren und sie korrekt zu diagnostizieren.

Die 2. Auflage dieses Lehratlasses setzt sich wie die Erstausgabe aus 8 Kapiteln zusammen, ist aber um 26 auf nun 248 Seiten erweitert und enthält nun 547 zum Teil farbige Abbildungen - gegenüber 419 Bildern in der Erstausgabe von 1985. Die 154 Fallbeispiele wurden bis auf eine Kasuistik (Fall 34) beibehalten und mit dem neu aufgenommenen Beispiel wurde auch ein Sonographie-B-Bild eingefügt. Die zahlreichen, zum besseren Verständnis der komplexen Anatomie und Pathologie eingefügten instruktiven Zeichnungen wurden unverändert beibehalten. Der den Röntgenbildern gewidmete Text ist im Wesentlichen gleich geblieben, nur partiell kurz ergänzt oder gestrafft. Sämtliche Fallbeispiele werden - in didaktisch einprägsamer Weise gegliedert - mit einer Beschreibung des klinischen und mammographischen Befundes, der Bildanalyse und ihrer diagnostischen Schlussfolgerung sowie der zytologischen bzw. histologischen Korrelation abgehandelt. Erweiterungen gegenüber der l. Ausgabe sind im Wesentlichen nur durch die Interpretationen der pathologischen Operationsbilder und der histopathologischen Bilder erfolgt. Das Literaturverzeichnis wurde erweitert und aktualisiert.

Nach einer Einführung in die Anatomie der Brustdrüse im ersten Kapitel, in der insbesondere die relevanten anatomischen Begriffen, wie z.B. die terminale duktale lobuläre Einheit (TDLE) hervorragend gut hinsichtlich ihrer Relevanz für das Mammakarzinom erklärt werden folgen im zweiten und dritten Kapitel Anleitungen zur systematischen Betrachtung von Mammogrammen und zur Bildinterpretation von Mammographien. Die Möglichkeiten der systematischen Bildbetrachtung mit partieller schrittweiser Bildabdeckung und seitenvergleichender Bildanalyse zur besseren Erkennung asymmetrischer Verdichtungen und Störungen der Gewebsarchitektur, ebenso wie die Angabe pathologischer Befunde in einem Bild-Koordinatensystem sind von meisterlicher Qualität und beruhen auf dem profunden Fachwissen der Autoren und ihrer langjährigen Tätigkeit als Mammographieausbilder in Kursen und Fortbildungsveranstaltungen. Die Mammographie-Bild-Interpretation wird dann in den folgenden Kapiteln abgehandelt. Kapitel 4 widmet sich den zirkulären und ovalären pathologischen Veränderungen, also rundlichen umschriebenen Verdichtungen; Kapitel 5 behandelt sternförmige Läsionen und Spikulae, also die Differenzierung zwischen sternförmigem Karzinom und sternförmiger Narbe, und Kapitel 6 beinhaltet die zahlreichen intramammären Verkalkungen. Das Kapitel über die Verkalkungen ist mit 89 Seiten das umfangreichste und wichtigste Kapitel dieses Buches überhaupt und widmet sich mit exzellentem Bildmaterial der Unterscheidung von malignen und benignen intraduktalen und/oder intralobären Verkalkungen. Kapitel 7 ist kurz und der radiologisch relevanten Mammahautverdickung gewidmet. Das letzte, aus nur einer Seite bestehende Kapitel fasst nochmals Ratschläge zum generellen diagnostischen Vorgehen in der Mammographie zusammen.

Die in der 2. Auflage neu aufgenommenen, ca. 100 farbigen pathologischen und histopathologischen Abbildungen leisten nur geringe oder keine Hilfe beim Verständnis der Röntgenbefunde. Hingegen sind andere, heute verfügbare bildgebende Verfahren in der Mammadiagnostik wie Sonographie und MRT-Mammographie fast nicht oder gar nicht erwähnt. Die Sonographie wird einige Male als wertvoll bei der Differenzierung von solide und zystisch oder bei der sonographisch gezielten Punktion erwähnt. Bei der Diagnose einer Galaktozele wird der Sonographie sogar ein Informationswert abgesprochen (Fall 8).

Für die 3. Auflage dieses Atlasses ist zu wünschen, dass die Zahl der wenig nützlichen pathologischen und histopathologischen Bilder wieder reduziert wird, aber dafür die heute relevanten Verfahren wie Sonographie und MRT entsprechend ihrer Wichtigkeit mehr Erwähnung finden. In der Neuauflage könnten auch heute nur noch selten erforderliche Verfahren wie Pneumozytographie und Galaktographie reduziert werden, da mittels den jetzt verfügbaren Sonographie-Verfahren nichtinvasiv gleich gute oder sogar bessere Ergebnisse erzielt werden können. Auch wäre es für die Leser von hohem Interesse, die in jetziger Zeit zunehmend eingesetzten standardisierten Befundbeschreibungsverfahren, wie BI-RADS oder ACR-Nomenklatur im Hinblick auf das hier vorgestellte Bildmaterial ausgewiesen zu sehen. Auch Qualitätsstandards für das Mammographie-Bildmaterial sollten Erwähnung finden.

Das Buch hat seine Stärke in der Anleitung zur systematischen Beurteilung der Röntgenmammographie-Bilder und der Analyse pathologischer Befunde, insbesondere in der Bewertung von intramammären Verkalkungen. Die vorgestellten Kasuistiken decken praktisch das gesamte Spektrum möglicher pathologischer Brustveränderungen ab. Die Notwendigkeit einer sorgfältigen Analyse und Befundinterpretation von Mammographie-Röntgenbildern hat auch heute, wo verschiedene andere bildgebende Diagnoseverfahren wie Sonographie und MRT zur Verfügung stehen, keineswegs an Bedeutung verloren, da aufbauend auf dem Röntgenbefund die korrekte Auswahl eines oder mehrerer zur Diagnosefindung zusätzlich eingesetzter bildgebender oder interventioneller Verfahren gesteuert werden kann.

Das Buch hat ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Aufgrund seines sehr guten Röntgenbildmaterials und den didaktisch guten Anleitungen zur Bildanalyse ist es allen Radiologen in der Weiterbildung, aber auch den Fachärzten, die sich besonders mit Mammographie-Diagnostik beschäftigen oder sich beschäftigen wollen, und auch den Ärzten, die sich auf die KV-Mammographie-Prüfung vorbereiten möchten, sehr zu empfehlen.

D. Koischwitz, Siegburg

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