Laryngorhinootologie 1991; 70(5): 260-266
DOI: 10.1055/s-2007-998033
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

T-Lymphozytensubpopulationen und HLA-DR-Antigene beim Hörsturz, der Neuropathia vestibularis, dem Morbus Ménière und der Bellschen Parese

T-Lymphocyte Subpopulations and HLA-DR Antigenes in Patients with Hearing Loss, Neuronitis Vestibularis, Ménière's Disease and Bell's PalsyP. Bumm, E. Chr. Müller, U. Grimm-Müller, G. Schlimok
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Publication Date:
29 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Bei verschiedenen akuten otoneurologischen Erkrankungen, wie dem Hörsturz, der Vestibularisläsion, dem M. Ménière und der Bellschen Parese, wurden Untersuchungen zur Immunregulation und zur Immungenetik durchgeführt. Als Test der Immunregulation wurde der T-Lymphozytensubpopulationsquotient T-Helfer-(CD4) und T-Suppressor-(CD8-)Lymphozyten gemessen. Dieser fand sich im Gegensatz zu Hörverlusten nach otobasalen Frakturen und einer gesunden Kontrollgruppe bei 50% der Hörsturzpatienten erhöht. Die Berechnung der absoluten Lymphozytenwerte ergab, dass die Quotientenerhöhung durch eine prozentual stärkere Verminderung der CD8-Zellen hervorgerufen wurde. Alle Ergebnisse sprechen für einen synchronen Verlauf von Krankheitsaktivität und immunologischen Parametern. Die CD4/CD8-Bestimmung könnte eine prognostische Bedeutung haben, denn eine Quotientenerhöhung fand sich gehäuft bei Neigung zu Hörsturzrezidiven und Fluktuationen, Persistieren eines Tinnitus oder vestibulärer Symptome. Eine Quotientenerhöhung fand sich auch bei der aktuen Vestibularisschädigung (Neuropathia vestibularis) in 48% der Fälle, dem M. Ménière in 57% der Fälle und der Bellschen Parese in 39%, nicht jedoch bei Fazialisparesen bekannter Ursache, wie z.B. nach Traumen oder bei Herpes-zoster-Paresen. Als Test der Immungenetik wurde die HLA-DR-Typisierung vorgenommen. Beim Hörsturz fand sich eine erhöhte Häufigkeit für HLA-DR-4 mit einem relativem Risiko (rR) von 2,8. Damit ist das Merkmal HLA-DR4 signifikant bei Hörsturzpatienten vermehrt vorhanden. Das Antigen HLA-DR4 erwies sich ferner als prognostisch ungünstiges Zeichen, denn bei 44% besserte sich das Hörvermögen nicht. Bei der Neuropathia vestibularis fand sich für HLA-DR4 ein rel. Risiko von 3,12 und für den M. Ménière von 3,64 für HLA-DR4. Bei der Bellschen Parese war das rel. Risiko für keines der DR-Antigene erhöht. Mögliche Ursachen der immunologischen Disbalance bei akuten otoneurologischen Erkrankungen im Hinblick auf die immunpathologischen Befunde dieser Arbeit werden diskutiert. Nach heutigem immunologischen Kenntnisstand sind sie am ehesten mit einer Autoimmunerkrankung vereinbar. Die immunpathologischen Werte dieser Arbeit weisen Ähnlichkeit mit Befunden bei der multiplen Sklerose auf. Möglicherweise handelt es sich bei einem Teil der akuten otoneurologischen Erkrankungen im Sinne einer akuten kranialen Polyneuropathie um ein ähnliches Krankheitsgeschehen an verschiedenen Hirnnerven.

Summary

In patients with various otoneurological diseases like hearing loss, neuronitis vestibularis, Ménière's disease and Bell's palsy, analyses concerning the immunoregulation and immunogenetics were done. For analysing the immunoregulation the T-helper (CD4) T-suppressor (CD8) ratio was determined. In contrast to patients with hearing loss caused by otobasal fractures and a healty control group, this ratio was elevated in 50% of the patients suffering from hearing loss. The elevation of the CD4/CD8 ratio was mainly caused by a reduction of CD8 positive cytotoxic-suppressor T-lymphocytes. The CD4/CD8 ratio may be of prognostic value, since an elevated ratio was found more often in patients with relapse of hearing loss, fluctuations, persistance of tinnitus or vestibular symptoms. An elevated ratio could also be detected in 48% of the patients with neuronitis vestibularis, in 50% of the patients with Ménière's disease and in 39% of the patients with Bell's palsy. A normal value was found in paralysis of the facial nerve of known origin like a state after trauma or after herpes zoster oticus paralysis. Immunogenetics was tested by HLA-DR typing. In patients with hearing loss HLA-DR4 antigen was distinctly increased, the relative risk was 2.8. The presence of the HLA-DR4 antigen proved to be an unfavourable sign, since in 44% of the patients presenting these antigenes we found no improvement of the hearing. In patients with neuronitis vestibularis we found a relative risk of 3.12 and in patients with Ménière's disease a relative risk of 3.64, both for HLA-DR4. Possible reasons for this immunological imbalance in patients with acute otoneurological diseases were discussed. Most of the results are consistent with an autoimmune disease. There are many similarities with results found in patients with multiple sclerosis. Possible reasons of the acute otoneurological diseases a polyneuropathies attacking different brain nerves.

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