Dtsch Med Wochenschr 1995; 120(24): 867-873
DOI: 10.1055/s-2008-1055419
Kasuistiken

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sarkoidose bei eineiigen Zwillingen

Sarcoidosis in identical twinsC. Kneitz, M. Wilhelm, M. R. Kraus, H.-P. Tony, A. Tschammler, B. Jany
  • Medizinische Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. K. Wilms) und Institut für Röntgendiagnostik (Vorstand: Prof. Dr. D. Hahn) der Universität Würzburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. März 2008 (online)

Zusammenfassung

Eineiige Zwillingsschwestern erkrankten zeitgleich an einer akuten Sarkoidose mit ungewöhnlichen Manifestationen der Grunderkrankung. Bei der stationären Aufnahme im Alter von 33 Jahren wiesen beide neben einem pulmonalen Befall eine Hypercalcämie mit kompensierter Niereninsuffizienz auf. Während bei der einen Patientin (Fall 2) die genannten Symptome etwas stärker ausgeprägt waren und zusätzlich eine granulomatöse Konjunktivitis sowie eine Hepatosplenomegalie auffielen, standen im Fall 1 ausgeprägte Lymphknotenvergrößerungen im Vordergrund. Darüber hinaus fanden sich bei beiden kernspintomographisch multiple Läsionen der weißen Hirnsubstanz, die als morphologisches Korrelat einer Neurosarkoidose interpretiert wurden. Nur eine Schwester (Fall 1) bot hierfür ein klinisches Korrelat (Sehstörung, Gangunsicherheit). Unter einer Behandlung mit Prednisolon normalisierten sich sowohl die Lungenfunktionsparameter (im Fall 2 weitgehend, im Fall 1 vollständig) wie auch die Nierenfunktion (bei beiden Patientinnen). Nach Reduktion der täglichen Prednisolondosis unter 10 mg trat bei beiden Schwestern ein pulmonales Rezidiv auf. -Diese Beobachtungen belegen, daß auch bei einer länger bestehenden Sarkoidose ein akuter Schub mit multiplem Organbefall und seltenen Komplikationen auftreten kann. Die Manifestation der Erkrankung bei eineiigen Zwillingen sowie die Ähnlichkeit des Befallsmuster und des Krankheitsverlaufes unterstreichen zudem die mögliche Bedeutung genetischer Faktoren für die Pathogenese der Sarkoidose.

Abstract

Identical (monozygotic) female twins both simultaneously developed acute sarcoidosis with unusual manifestations. Additional to pulmonary involvement they both also had hypercalcaemia with compensated renal failure. When seen at the age of 33 years, these findings were more marked in one of them (case 2) than in the other, and she also had granulomatous conjunctivitis, while in the other one (case 1) the dominant sign was widespread lymph node enlargement. Both were also found by magnetic resonance imaging to have multiple lesions in the white matter, interpreted as the morphological correlate of neurosarcoidosis. But they caused clinical symptoms (visual disorder, unsteady gait) in only one sister (case 1). Treatment with prednisolone largely normalized the lung functions in case 2, completely in case 1, and renal functions in both. But when the daily prednisolone dose was reduced to below 10 mg, the pulmonary Symptoms recurred. -These observations indicate that even in chronic sarcoidosis acute episodes may occur, with involvement of multiple organs and other rare complications. The manifestations of the underlying disease in identical twins and the similarities of its course in the two sisters underline the possible role of genetic factors in the pathogenesis of sarcoidosis.

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