Dtsch Med Wochenschr 2010; 135(45): 2226
DOI: 10.1055/s-0030-1269405
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Kardiologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sind beschichtete Stents tatsächlich effektiver?

S. Krome
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Publication Date:
15 November 2010 (online)

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Beschichtete koronare Stents (DES) verhindern nicht nur den mechanischen Wiederverschluss der Koronargefäße nach Ballonangioplastie, sondern beugen mit ihrer biologischen Komponente der Restenose zusätzlich vor. Das Cochrane Review beantwortet, ob die DES den konventionellen Stents (BMS) hinsichtlich zukünftiger kardialer Ereignisse überlegen sind.

Einleitung: DES sind Metall-Stents mit einer Trägerschicht für ein Immunsuppressivum. Dabei kommen zahlreiche verschiedene Substanzen zum Einsatz. Deren antiproliferative Wirkung soll die Reendothelialisierung hemmen und eine Intimahyperplasie verhindern. Trotz der hohen Kosten wurden 2008 in den USA bereits mehr als 70% aller Ballonangioplastien mit DES durchgeführt. Vor allem hinsichtlich der mittel- und langfristigen Verläufe ist ihr Einsatz umstritten.

Studien: Die Autoren nahmen 47 randomisierte kontrollierte Untersuchungen in ihre Analyse auf. Darin waren Daten von >14500 Patienten mit stabiler Angina pectoris oder akutem Koronarsyndrom enthalten. Die Vergleiche zwischen BMS und DES wurden für die verschiedenen Beschichtungstypen durchgeführt. Die Studien wiesen eine hohe Heterogenität auf.

Ergebnisse: 10 verschiedene Medikamente fanden Verwendung. Die Nachbeobachtungszeiten lagen zwischen 6 Monaten und 5 Jahren. Stents mit Sirolimus, Paclitaxel, Zotarolimus, Dexamethason und Everolimus waren den BMS hinsichtlich der Restenoserate überlegen. Tacrolimus hatte eine geringeren und Biolimus sowie 17b-Östradiol keinen Vorteil. Actinomycin-Stents hatten ungünstigere Ergebnisse. Besonders bei Patienten mit Sirolimus-Stents waren Ereignisse nach 5 bzw. 4 Jahren deutlich seltener als in der Vergleichsgruppe (OR 0,53; 95%-KI 0,41-0,67). Myokardinfarkte traten in der BMS- und DES-Gruppe nicht unterschiedlich häufig auf mit Ausnahme der QP2-Studie, die aufgrund einer deutlich höheren Infarktrate im DES-Arm vorzeitig beendet wurde (OR 10,75; 95%-KI 3,15-36,66). 7 von 8 Studien ergaben keine Unterschiede für die Thromboseraten. Die Mortalität unterschied sich für DES und BMS nicht. Subgruppenanalysen z.B. mit Diabetikern änderten diese Ergebnisse nicht.

Fazit und Diskussion

Nach den Ergebnissen der Autoren ersparten die mit Sirolimus, Paclitaxel, Everolimus, Dexamethason, Zotarolimus und geringer mit Tacrolimus beschichteten Stents den Patienten zusätzliche Eingriffe, weil die Gefäße länger eröffnet blieben. Dabei waren die Substanzen unterschiedlich wirksam.Trotz der erniedrigten Restenoserate reduzierten die Medikamenten-beschichteten Stents die Gesamtmortalität, Häufigkeit von Myokardinfarkten und die Thromboserate nicht. Die Autoren weisen auf die erheblich höheren Kosten der DES im Vergleich zu Standard-Stents hin und schlagen aufgrund der mangelnden Evidenz eines langfristigen Vorteils eine kritischere Anwendung vor. Der DES-Boom sei nach den ersten Veröffentlichungen ins Rollen gekommen. Die nun über einen längeren Zeitraum verfügbaren Daten erforderten eine neue Diskussion über den Einsatz der Medikamenten-beschichteten Stents.

Dr. med. Susanne Krome, Melle

Kommentar aus der Praxis

Die Vorteile des beschichteten koronaren Stents (DES) gegenüber dem konventionellen Stent (BMS) sind eindeutig: weniger Restenosen = weniger Folgeeingriffe. Die Nachteile sind allerdings ebenso klar: eine geringfügige, meist nicht statistisch signifikante höhere Langzeitsterblichkeit durch akute thrombotische Verschlüsse, manchmal noch nach Jahren. Die 3-Jahresletalität einer aktuellen randomisierten Studie nach Myokardinfarkt zeigt: DES 10,5%, BMS 6,4% (nicht signifikant). Die 5-Jahresletalität des RAVEL-Trials (siehe Cochrane): DES 12,1%, BMS 7,1% (nicht signifikant). Man weiß heute, dass die späte Akutthrombose in > 80 % durch die unterbliebene Einnahme der beiden Aggregationshemmer bedingt ist. Diabetes und Niereninsuffizienz erhöhen ebenfalls das Risiko. Die Metallstreben des mit antiproliferativen Substanzen beschichteten DES werden eben nicht immer vom körpereigenen Endothel überwachsen. Dementsprechend implantiere ich DES nur bei Patienten, die ihre Medikamente verläßlich einnehmen und die absehbar nicht operiert werden müssen. Ein Cochrane Review kann uns bei der Entscheidung helfen, ist aber keine Handlungsanweisung.

Prof. Dr. med. Erland Erdmann, Universitätsklinik Köln

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Originalarbeit

  • 1 Greenhalgh  J, Bagust A. Drug-eluting stents versus bare metal stents for angina or acute coronary syndromes.  Cochrane Database of Systematic Reviews. 2010, Issue 5 DOI: 10.1002/14651858.CD004587.pub2 www.thecochranelibrary.com
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Originalarbeit

  • 1 Greenhalgh  J, Bagust A. Drug-eluting stents versus bare metal stents for angina or acute coronary syndromes.  Cochrane Database of Systematic Reviews. 2010, Issue 5 DOI: 10.1002/14651858.CD004587.pub2 www.thecochranelibrary.com