Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(8): 354
DOI: 10.1055/s-0031-1275154
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Urologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie wirksam ist Finasterid?

S. Krome
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Publication Date:
23 February 2011 (online)

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Bei 10–20% aller Männer entwickelt sich bis zum 60. Lebensjahr eine gutartige, behandlungsbedürftige Prostatahyperplasie (BPH). Phytotherapeutika, 5-alpha-Reduktase-Hemmer und alpha-Rezeptoren-Blocker werden zur antiandrogenen Behandlung eingesetzt. Das Cochrane Review fasst 23 Studien zusammen, die die Effekte und Nebenwirkungen von Finasterid mit Placebo oder anderen Medikamenten verglichen.

Einleitung: Untere Harnwegssymptome (LUTS: „Lower urinary tract symptoms“) durch eine BPH können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Der Erfolg einer medikamentösen Therapie muss gegen Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Impotenz und erektile Dyfunktion abgewogen werden. Der 5-alpha-Reduktase- Hemmer Finasterid führt vor allem bei größeren Prostatvolumina zu einer Rückbildung der BPH und LUTS. Da seine Effekte im Vergleich zu alpha-Rezeptoren-Blockern (z.B. Doxazosin, Terazosin, Tamsulosin) später eintreten, ist ein Wirksamkeitsvergleich erst nach mehrmonatiger Einnahme sinnvoll. Die Standarddosierung für Finasterid beträgt 5 mg täglich.

Studien: In die 23 relevanten Studien wurden 21 945 Patienten aufgenommen. 19 Studien verglichen Finasterid u.a. mit Placebo und 14 hatten ein Doppelblind-Design. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 62,4 Jahre, die Behandlungszeit 6 – 48 Monate. Finasterid wurde mit verschiedenen alpha-Rezeptor-Blockern, jeweils als Monosubstanzen oder in Kombinationen, verglichen.

Ergebnisse: Finasterid verminderte LUTS im Vergleich zu Placebo in Standard-Scoringsystemen (AUAS/IPSS) signifikant in den Studien mit einer Behandlungsdauer über ein Jahr. Das Risiko für eine Progression der BPH und einer Operationsnotwendigkeit nahmen ab. Nebenwirkungen waren eine verminderte Libido, Ejakulationsstörungen und Impotenz. Müdigkeit, Schwindel oder eine posturale Hypotension waren selten. Doxazosin und Terazosin waren effektiver gegen die LUTS als Finasterid bei gleichzeitig ähnlichen, aber stärkeren Nebenwirkungen. Tamsulosin wies eine vergleichbare Wirksamkeit auf. Während bei Finasterid langfristige Erfolge eintraten, wirkten die alpha-Rezeptoren-Blocker kurz- und langfristig. Die Kombination von Finasterid mit alpha-Rezeptoren- Blockern war der Monotherapie überlegen. Für Doxazosin galt dies nicht bei Prostatavolumina unter 25 ml.

Fazit und Diskussion

Finasterid war bei längerfristiger Einnahme wirksam zur Behandlung der unteren Harnwegssymptome, verminderte das Progressions- und Retentionsrisiko sowie die Wahrscheinlichkeit einer Operation. Der größere Therapieerfolg mit alpha-Rezeptoren-Blockern war mit stärkeren Nebenwirkungen vergesellschaftet. Der Wirksamkeitsvergleich mit Phytotherapeutika erfolgte wegen fehlender Placebokontrollen nicht. Die Autoren weisen neben diesem Manko darauf hin, dass auch der Vergleich mit dem alternativen alpha-Reduktase-Hemmstoff Dutasterid fehle.

Dr. med. Susanne Krome, Melle

Kommentar aus der Praxis

Der 5-alpha-Reduktase-Inhibitor (5-ARI) Finasterid ist ein effektives Medikament in der Behandlung von Symptomen des unteren Harntraktes bei Männern mit gutartiger Prostata-Vergrößerung. In Kombination mit einem alpha-Adrenozeptor-Blocker wird das Risiko des Fortschreitens der Erkrankung in Form eines akuten Harnverhaltes, einer Operation oder einer Verschlechterung der Symptomatik im Vergleich zur Monotherapie und zu Placebo reduziert. Ein Vergleich mit dem neueren 5-ARI Dutasterid ist aufgrund der fehlenden Vergleichsstudien nicht möglich. Ein wichtiger Gesichtspunkt, der in der vorliegenden Cochrane-Analyse nicht untersucht wurde, ist die sogenannte Chemoprävention, das heißt der Einsatz zur Vorbeugung eines Prostata-Karzinoms. Da unter Finasterid möglicherweise auch aggressivere Tumore, wie Prostata-Karzinome mit höhergradigem Gleason-Grad induziert werden, gibt es für Finasterid bei der Chemoprävention zur Zeit allerdings keine Zulassung. Die Diskussion um den Einsatz von Finasterid wird im Allgemeinen auch durch die relative hohen Kosten sowie die Nebenwirkungen (verminderte Libido, Ejakulationsstörungen) bestimmt.

Dr. med. Christian Gratzke, Klinikum der Universität München

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Originalarbeit

  • 1 Tacklind J, Wilt T J. Finasteride for benign prostatic hyperplasia.  Cochrane Database of Systematic Reviews. 2010, Issue 10 DOI: 10.1002/1465858.CD006015.pub3 www.thecochranelibrary.com
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Originalarbeit

  • 1 Tacklind J, Wilt T J. Finasteride for benign prostatic hyperplasia.  Cochrane Database of Systematic Reviews. 2010, Issue 10 DOI: 10.1002/1465858.CD006015.pub3 www.thecochranelibrary.com