Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(12): 570
DOI: 10.1055/s-0031-1275639
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Gesundheitsökonomie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Telemedizin: Besser leben mit Asthma?

S. Krome
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Publication Date:
17 March 2011 (online)

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In die Telemedizin werden große Hoffnungen gesetzt. Neben der besseren Versorgung der Patienten spielt auch die Kosten-effektivität der Maßnahmen angesichts der steigenden Zahlen chronisch kranker Menschen eine große Rolle. Das Cochrane Review befasst sich mit der Frage, ob nicht nur Patienten mit Herzinsuffizienz, sondern auch Asthmapatienten von den neuen Möglichkeiten der Telemedizin profitieren.

Einleitung: Ziele der Telemedizin sind eine umfassende Information, Betreuung und Steuerung der Patientenversorgung über elektronische Medien. Ein verbesserter Datenaustausch und der kontinuierliche Abruf von Gesundheitsinformationen sollen vor allem die Lebensqualität chronisch Kranker verbessern. Gleichzeitig werden durch die Einsparung von Arztkonsultationen und Krankenhausaufenthalten ökonomische Vorteile erwartet. Ob dies bei Asthmatikern tatsächlich zutrifft, wurde in zahlreichen Studien untersucht, die in einem Cochrane Review zusammengestellt sind.

Studien: Die Aktualität des Themas zeigte sich an der Anzahl der laufenden und abgeschlossenen Studien. Von 521 Arbeiten erfüllten nur 21 die Einschlusskriterien, weil integrierte Versorgungskonzepte ausgeschlossen waren. Die Verbindung zu den Patienten bestand über das Telefon, Videokonferenzen, Internet, SMS oder Kombinationen. Alle Altersgruppen, also auch Kinder, wurden berücksichtigt.

Ergebnisse: Die telemedizinische Betreuung der Asthmapatienten führte nach der Metaanalyse nicht zu einer Besserung der Lebensqualität (”Junipers Asthma Quality of Life Questionnaire“). Der durchschnittliche Unterschied betrug 0,08 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,52-2,58). Über einen Zeitraum von 12 Monaten nahmen Notfallbehandlungen sogar leicht zu: Odds Ratio [OR] 1,16 (95%-KI 0,52-2,58). Im Unterschied dazu waren Krankenhauseinweisungen seltener notwendig. Die Zahl der Klinikaufenthalte nahm statistisch signifikant ab (OR 0,21; 95%-KI 0,07-0,61). Davon profitierten besonders Patienten mit schwereren Erkrankungen. Nebenwirkungen durch die neue Art der Betreuung wurden nicht berichtet. Ausnahme sei eine Studie von Rasmussen aus dem Jahr 2005, bei der es zu einem ansteigenden Gebrauch inhalativer Kortikosteroide und konsekutiv zu einer Häufung oraler Candidiasis-Erkrankungen gekommen sei.

Fazit und Diskussion

Die kontinuierliche telemedizinische Versorgung der Asthmapatienten aller Altersgruppen erfüllte die hohen Erwartungen nicht. Weder eine allgemeine Verbesserung der Lebensqualität noch eine Verminderung der notfallmäßigen Versorgungen traten ein. Positiv war jedoch die deutliche Abnahme bei den stationären Aufenthalten. Die Autoren regen an, in Folgestudien optimiertere Formen der Telemedizin einzusetzen und gleichzeitig sorgfältig zu analysieren, welche Patientensubgruppen profitierten.

Dr. med. Susanne Krome, Melle

Kommentar aus der Praxis

Es gibt eine Fülle von einzelnen und kombinierten telemedizinischen Interventionen, die zudem in unterschiedlicher Intention eingesetzt werden. Die im englischen überlappenden Begriffe ”telehealthcare“, ”telemedicine“, ”telehealth“ oder ”telenursing“ macht zudem die Schwierigkeit der begrifflichen Definition deutlich. In diese Cochrane-Metaanalyse wurden nur Studien an Asthmapatienten eingeschlossen, in denen ”Telehealthcare“-Interventionen mit einer medizinischen Standardversorgung verglichen wurden. Die Frage war also: ”Ist die telemedinische Intervention besser oder schlechter als der Besuch beim Hausarzt?“ und das Ergebnis war ein Nein. Die gute Nachricht ist aber: Die Telemedizin ist in der Versorgung Asthmakranker auch nicht schlechter als die des Hausarztes und bei den schwer kranken Asthmapatienten sogar bei einigen Parametern besser. Manche der eingeschlossenen Studien überprüften, ob mittels telemedizinische Methoden zusätzlich zur Standardversorgung die Asthmakontrolle und das Wissen über die Erkrankung verbessert werden kann, und die Antwort war positiv. Dies wurde ganz aktuell durch eine nicht bei Cochrane eingeschlossene Telefon-basierte Studie noch einmal bestätigt (Liu et al Eur Respir J 2011). Der Erfolg oder Misserfolg der Telemedizin hängt also von einer Fülle von Einflussvariablen ab, z.B. der Fragestellung, der verwendeten Methoden, den Patienten und der Schwere der Erkrankung, ob als Arztersatz oder Arztunterstützung eingesetzt.

Professor Dr. A. Gillissen, Klinikum Kassel

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Originalarbeit

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