Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(34/35): 1711
DOI: 10.1055/s-0031-1286352
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Pneumologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sind Phosphodiesterase-4-Inhibitoren bei COPD wirklich hilfreich?

Are phosphodiesterase 4 inhibitors really helpful in COPD?A. Gillissen
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Publication Date:
29 August 2011 (online)

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In der Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), die mit einer hohen Morbidität und Mortalität einhergeht, müssen neue Wege beschritten werden. Eine Innovation sind die Phosphodiesterase-4 (PD4)-Inhibitoren, deren Wirkung die Cochrane Airways Group nun analysierte.

Einleitung: Pharmakologische Therapieansätze der COPD zielen auf Symptome, Lebensqualität sowie auf Frequenz und Ausmaß von Exazerbationen. Abgesehen vom Verzicht auf das Rauchen gibt es derzeit keine Behandlung, die eine Progression der Erkrankung aufhalten oder verlangsamen kann. PD4-Inhibitoren sollen die Inflammation in den Atemwegen und die Bronchokonstriktion reduzieren.

Studien: Die Autoren nahmen in ihre Metaanalyse randomisierte und kontrollierte Studien auf, die bei Patienten mit COPD oral verabreichte PD4-Inhibitoren mit Placebo verglichen. Primäre Endpunkte waren Veränderungen der Lungenfunktion (forcierte Einsekundenkapazität [FEV1], forcierte Vitalkapazität [FVC], exspiratorischer Spitzenfluss [PEF]) und die Lebensqualität. Sekundäre Endpunkte umfassten die Inzidenz von Exazerbationen, Symptome, die Belastungsfähigkeit (6-Minuten-Gehtest), Nebenwirkungen und die Mortalität. 23 Studien erfüllten die Einschlusskriterien. Davon wurden 9 Studien mit insgesamt 9211 Patienten zu Roflumilast und 14 Studien mit insgesamt 6457 Patienten zu Cilomilast durchgeführt.

Ergebnisse: Unter PD4-Inhibitoren zeigte sich im Vergleich zu Placebo eine signifikant höhere Zunahme der FEV1 mit einem durchschnittlichen Unterschied von 45,6 ml (500 µg Roflumilast: 54,3 ml; 250 µg Roflumilast: 55,0 ml; 2×15 mg Cilomilast: 38,2 ml). Dies war unabhängig von der Ausprägung der Erkrankung oder einer Begleitmedikation. Die Wirkstoffe gingen zudem mit einer signifikanten Veränderung von FVC und PEF gegenüber dem Ausgangswert einher (Unterschied 82,7 ml bzw. 6,1 l/min). Bezüglich der Lebensqualität fand sich unter PD4-Inhibitoren gegenüber Placebo eine kleine, aber signifikante Verbesserung bei inhomogenen Ergebnissen. Die Zahl an Exazerbationen verringerte sich unter Verum im Durchschnitt um rund 25 % (Odds Ratio 0,78). Bezüglich der Symptome zeigten sich geringe positive Effekte, bezüglich des Gehtests keine. Nebenwirkungen (v.a. gastrointestinale Symptome und Kopfschmerzen) traten unter PD4-Inhibitoren häufiger auf als unter Placebo. Roflumilast ging zudem mit einem Gewichtsverlust einher. Die durchschnittliche Abbruchrate in den Behandlungsgruppen lag bei 23 % (3–37 %) und in den Kontrollgruppen bei 18 % (3–26 %).

Fazit für Klinik und Praxis

Bei Patienten mit COPD konnten PD4-Inhibitoren gegenüber Placebo die Lungenfunktion deutlicher verbessern und die Rate an Exazerbationen reduzieren, so die Autoren. Die Medikamente beeinflussten die Lebensqualität jedoch nur gering, was an Nebenwirkungen wie gastrointestinalen Symptomen oder Kopfschmerzen liegen könnte. Es zeigte sich bei relativ kurzen Studiendauern kein positiver Effekt auf die Lebenserwartung. Der genaue Stellenwert von PD4-Inhibitoren in der COPD-Therapie bleibe nach wie vor unklar. Hierzu seien Langzeitstudien erforderlich.

Dr. med. Johannes Weiß, Bad Kissingen

Kommentar aus der Praxis

In dieser Übersicht wurden Roflumilast- und Cilomilast-Studien in Hinblick auf die Effektivität dieser PD4-Hemmern bei COPD-Patienten untersucht. Für Deutschland ist dabei nur die Roflumilast-Analyse von praktischem Interesse. Als primäre Erfolgsparameter wurden entweder die FEV1 oder die Lebensqualität (SGRQ) gewählt. Da PD4-Hemmer aber antientzündlich und nicht antiobstruktiv wirken, wäre zumindest für die späteren Studien die Reduktion der Exazerbationsrate als primärer Endpunkt die logischere Wahl gewesen. Für einen selektiven Entzündungshemmer sind dies formidable Ergebnisse – FEV1-Verbesserung ca. 50 ml, Senkung des Exzerbationsrisikos um ca. 25 % – wenn man sich die im historischen Vergleich schlechteren Ergebnisse von systemischen und topischen Kortikosteroiden vergegenwärtigt. Allerdings sind sie in Bezug auf die FEV1 schlechter als die der Bronchodilatatoren und in Bezug auf die Exazerbationssenkung/-verzögerung vergleichbar mit denen von Tiotropiumbromid. Für den praktischen Einsatz sind ferner die Nebenwirkungen von PD4-Hemmern, besonders aber das 2,8-fache Diarrhoerisiko hervorzuheben. Unerwähnt blieb bei Cochrane die für die praktische Anwendung wichtige Patientenselektion. Roflumilast ist nämlich nur bei Patienten mit einer chronischen Bronchitis (Husten und Auswurf) zugelassen. Fazit und gleichzeitg Ratschlag: Roflumilast nur bei COPD-Patienten mit Bronchitissymptomen und einer Exazerbationshistorie, nicht bei denjenigen, die unter den Nebenwirkungen leiden.

Prof. Dr. Adrian Gillissen, Klinik für Lungen- und Bronchialmedizin, Gesundheit Nordhessen, Klinikum Kassel

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Originalarbeit

  • 1 Chong J, Pool P, Leung B, Black P N. Phosphodiesterase 4 inhibitors for chronic obstructive pulmonary disease.   Cochrane Database of Systematic Reviews. 2011, Issue 5 DOI: 10.1002/14651858.CD002309.pub3 www.thecochranelibrary.com
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Originalarbeit

  • 1 Chong J, Pool P, Leung B, Black P N. Phosphodiesterase 4 inhibitors for chronic obstructive pulmonary disease.   Cochrane Database of Systematic Reviews. 2011, Issue 5 DOI: 10.1002/14651858.CD002309.pub3 www.thecochranelibrary.com