Z Orthop Unfall 2011; 149(04): 376
DOI: 10.1055/s-0031-1286555
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Knieendoprothese – Das Auftreten von Säumen bedeutet nicht unbedingt eine Lockerung

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Publication Date:
15 August 2011 (online)

 
 

Diese Studie will die röntgendurchlässigen Säume um die Oxford Schlittenprothese auf Sensitivität und Spezifität für eine Lockerung prüfen.
Assessment of radiolucent lines around the Oxford unicompartmental knee replacement –sensitivity and specifity for loosening. J Bone Joint Surg Br, 2011; 93-B:777–781

Einleitung

Eine verbreitete Standardversorgung der isolierten anteromedialen Gonarthrose ist die Implantation einer unikondylären Schlittenprothese. Die Oxford® Prothese (Fa. Biomet) zeigt hervorragende klinische Ergebnisse, obwohl bei einem Großteil (ca. 96 % 1 Jahr und 70 % 5 Jahre postoperativ) das radiologische Phänomen strahlendurchlässiger Säume, besonders der Tibiakomponente, in Erscheinung tritt. Für gewöhnlich gelten radiologische Lysesäume als Hinweis auf die Lockerung einer Komponente mit entsprechend schlechtem klinischen Ergebnis und ziehen häufig einen Prothesen-Wechsel nach sich. Bei der Oxford® Prothese steht diese radiologische Beobachtung scheinbar in keinem Zusammenhang mit einem schlechten klinischen Ergebnis, wobei die Ursache und die Signifikanz der Säume bisher nicht genau geklärt wurden. Um dieses radiologische Phänomen besser beurteilen zu können, wurde daher auf die Klassifikation von Goodfellow et. al. zurückgegriffen, um zwischen physiologischen Säumen der Tibia (< 2 mm dick, gut abgrenzbar mit begleitender strahlendichter Linie) und pathologischen Säumen (> 2 mm dick, schlecht abgrenzbar ohne begleitende strahlendichte Linie) zu differenzieren. Die tatsächliche Signifikanz dieser radiologischen strahlendurchlässigen Säume der Oxford® Prothese und die bisher vernachlässigte Bedeutung femoraler Säume ist bisher ungeklärt. Daher soll diese Matched-pair-Studie Klarheit über die Sensitivität und Spezifität dieser strahlendurchlässigen Säume tibial und femoral bringen.


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Studiendesign

Die präoperativen Röntgenbilder von 45 Revisions-Patienten, die intraoperativ eine bestätigte Komponentenlockerung (10 tibial und 35 femoral) einer zementierten medialen Oxford® Prothese hatten, wurden als Matched-pair-Studie mit den präoperativen Röntgenbildern von 45 Oxford Patienten mit unkompliziertem Verlauf verglichen. Die von 2 Untersuchern anonymisiert befundeten Femur- und Tibiakomponenten wurden jeweils in 6 spezifische Kontaktzonen zum Knochen eingeteilt und bewertet.


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Ergebnisse

In beiden Gruppen fanden sich die bekannten strahlendurchlässigen Säume. Bezüglich der Tibia fand sich in der Nicht-Revisionsgruppe ein deutlich häufigeres, jedoch nicht signifikantes Auftreten von pathologischen Säumen. In beiden Gruppen zeigte sich tibial kaum ein Unterschied in Häufigkeit von physiologischen Säumen. Bezüglich des Femurs erbrachte die Revisionsgruppe deutlich häufiger pathologische Säume, jedoch auch ohne Signifikanz. Die einzige Signifikanz zeigte sich bei den physiologischen Säumen, die in der Revisionsgruppe deutlich häufiger auftraten. Hier fand sich auch innerhalb der einzelnen Zonen der Femurkomponente eine signifikant erhöhte Häufigkeit eines physiologischen Saumes an der Spitze des Zapfens an der femoralen Komponente. Die Sensitivität und Spezifität tibialer Säume betrug 63,6 % bzw. 94,4 % und femoral 63,9 % bzw. 72,7 %.

Kommentar

Diese Studie bestätigt die hohe Inzidenz radiologischer Säume sowohl femoral als auch tibial. Jedoch scheint die Differenzierung in pathologische und physiologische Säume keine Relevanz zu haben, da in der Revisionsgruppe gehäuft physiologische Säume und in der Nicht-Revisionsgruppe gehäuft pathologische Säume klassifiziert wurden.

Ferner ist die Reproduzierbarkeit der einzelnen radiologischen Beurteilungen ungenau, sodass hier sicher eine Ursache der geringen Aussagekraft der Säume liegt. Es ist festzuhalten, dass die Säume ein Oxford-spezifisches Phänomen sind und in keiner Weise mit einer Lockerung signifikant korrelieren. Die Ursache ihres Auftretens ist ungeklärt. Der einzige signifikante Unterschied konnte am Zapfen der femoralen Komponente gezeigt werden. Hier fand sich in der Revisionsgruppe eine deutliche Häufung radiologischer Lysesäume, sodass ein Auftreten eines Saumes in diesem Bereich als sensitiver Parameter für eine tatsächliche Komponentenlockerung zu werten ist.

Zusammenfassend ist dies eine interessante Studie, die zeigen konnte, dass das bekannte Phänomen der radiologischen Säume nicht zwingend eine Lockerung anzeigt. Es wurde erstmalig die Relevanz der Säume der femoralen Komponente beurteilt und die Signifikanz der selbigen am PEG herauskristallisiert. Die Unterscheidung zwischen physiologischem und pathologischem Saum konnte entkräftet werden. Kritisch ist die relativ kleine Patientenkohorte anzusehen. Um eine genauere Relevanz zu evaluieren, sollten weitere Studien dieser Art an größeren Gruppen unternommen werden.

Dr. med. Stephanie Flörkemeier

Dr. med. Stephanie Flörkemeier
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover
E-Mail:
Stephanie.Floerkemeier@ddh-gruppe.de


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