Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(42): 2130
DOI: 10.1055/s-0031-1292029
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Pneumologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Was tun bei persistierenden Asthmasymptomen unter inhalativen Steroiden?

Persistent symptoms of asthma during inhalative steroid therapy: what helps?C. Kroegel
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Publication Date:
11 October 2011 (online)

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Es ist unklar, ob bei Patienten mit Asthma, die unter inhalativen Steroiden nicht symptomfrei sind, langwirksame Beta-2-Agonisten oder Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten einen zusätzlichen Nutzen aufweisen. F. M. Ducharme et al. gingen dieser Frage nun in einer Metaanalyse nach.

Einleitung: Patienten mit chronischem Asthma, die trotz inhalativer Steroide weiterhin Symptome einer Atemwegsobstruktion zeigen, stellen eine therapeutische Herausforderung dar. Langwirksame Beta-2-Agonisten (LABA) oder Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten (LTRA) sind Behandlungsoptionen, die in diesen Fällen als Zusatztherapie in Frage kommen.

Studien: Die Autoren schlossen in ihre Analyse randomisierte, kontrollierte Studien ein, in denen Erwachsene und Kinder mit rezidivierendem oder persistierendem Asthma zusätzlich zu inhalativen Steroiden für mindestens 28 Tage LABA (z.B. Salmeterol oder Formoterol) oder LTRA (z.B. Montelukast oder Zileuton) in fixer Kombination erhielten. Dabei mussten inhalative Steroide die einzige Asthmatherapie vor Studienbeginn gewesen sein. Primärer Endpunkt war die Rate an Patienten, die aufgrund einer Exazerbation eine Kurzzeitbehandlung mit systemischen Steroiden benötigten.

Ergebnisse: 17 Studien mit insgesamt 7032 Teilnehmern gingen in die Analyse ein. 16 Arbeiten untersuchten 6850 Erwachsene und Jugendlichen. In 14 Studien davon reichte das Durchschnittsalter von 35 bis 44 Jahre und die Asthmaerkrankung lag bereits seit 10–26 Jahren vor. Eine Arbeit untersuchte die Wirkung bei Kinder im Alter zwischen 6 und 17 Jahren (n=182). Das Risiko für eine Exazerbation mit Notwendigkeit einer systemischen Steroidtherapie war unter LABA signifikant niedriger als unter LTRA (11 % vs. 9 %; relatives Risiko [RR] 0,83; 95 %–Konfidenzintervall [KI] 0,71–0,97). Die „Number needed to treat“, um bei zusätzlicher Gabe von LABA gegenüber LTRA für mindestens 48 Wochen eine solche Exazerbation zu verhindern, betrug 38 (95 %–KI 22 bis 244). Dabei hatte die Art des LABA keinen Einfluss auf das Ergebnis. Der Schutz gegen Exazerbationen war signifikant höher, wenn nur ein Inhalator für beide Applikationen anstelle von separaten Inhalatoren verwendet wurde. Symptomfreie Tage, Lungenfunktion und Lebensqualität besserten sich unter LABA deutlicher als unter LTRA. Die Abbruchrate insgesamt lag unter LABA mit 12 % signifikant niedriger als unter LTRA mit 14 %, die Rate ernsthafter Nebenwirkungen signifikant höher (RR 1,35; 95 %–KI 1,00 bis 1,82; p=0,05) mit einer „Number needed to harm“ von 78 (ein zusätzlicher Patient mit schweren Nebenwirkung bei 48 Wochen Behandlung). Aufgrund der knappen Datenlage war bezüglich einer Zusatztherapie bei Kindern keine Aussage möglich. Insgesamt wurde die Bias (Verzerrung der Daten) der Cochrane-Analyse als gering bewertet.

Fazit der Cochrane-Autoren

Bei erwachsenen Patienten mit Asthma, die unter inhalativen Steroiden unzureichend eingestellt sind, ist der Zusatz von langwirksamen Beta-2-Agonisten (LABA) dem von Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten im Hinblick auf die Reduktion systemisch steroidpflichtiger Exazerbationen überlegen. Dabei scheint der Einsatz nur eines Inhalators wirksamer zu sein als die Verwendung separater Inhalatoren. Ernsthafte Nebenwirkungen treten jedoch unter LABA häufiger auf. Zu Kindern lässt die Datenlage keine Aussagen zu.

Dr. med. Johannes Weiß, Bad Kissingen

Kommentar aus der Praxis

Die anti-entzündliche Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) bildet die Basistherapie bei persistierendem Asthma bronchiale. Reicht diese Behandlung nicht aus, ist ein langwirksames bronchodilatatorisches Medikament zusätzlich indiziert. Die von Ducharme und Mitarbeitern durchgeführte Metaanalyse geht der Frage nach, ob hierfür langwirksame Beta-2-Agonisten (LABA) oder Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten (LTRA) zu bevorzugen sind. Die gewonnenen Ergebnisse bestätigten die Auffassung, dass LABA dem LTRA Montelukast im Hinblick auf Kortison-bedürftige Exazerbationen und verschiedene sekundäre Parameter (Lungenfunktion, Symptombesserung, Lebensqualität) überlegen sind. Allerdings ist der Unterschied geringer als allgemein geläufig. So bestand kein Unterschied bei der Häufigkeit von Exazerbationen, die eine Hospitalisierung erforderlich machten. Zudem war der günstigere Effekt bevorzugt in den ersten 12 Wochen der Therapie nachweisbar, sodass Untersuchungen über 48 Wochen (ICS + LABA bzw. LTRA) nur noch einen geringen Unterschied zwischen den beiden Medikamentenklassen aufwiesen. Dass dieser Unterschied nach längerer Behandlung weniger deutlich ausfällt, steht möglicherweise mit einer LABA-assoziierten Tachyphylaxie im Zusammenhang. Ferner ist von praktischem Interesse, dass der Effekt der LABA unabhängig von der gewählten Substanz (Formoterol, Salmeterol) auftritt, was bisher widersprüchlich diskutiert wurde. Die Metaanalyse belegt zudem, dass eine Therapie mit ICS/LABA gegenüber ICS/LTRA mit einem erhöhten Risiko für schwerere Nebenwirkungen assoziiert ist. Zusammengenommen unterstützt die Studie die derzeitige Meinung, dass bei einem persistierenden und nicht durch ICS kontrollierbaren Asthma zunächst eine Kombination mit einem LABA (bevorzugt unter Verwendung eines Kombinationspräparats) anzustreben ist. Die Kombination von ICS mit LTRA bildet allerdings eine wirksame Alternative, insbesondere bei längerer Behandlung oder LABA-assoziierten Nebenwirkungen.

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Claus Kroegel, Pneumologie & Allergologie/Immunologie der Medizinischen Klinik I, Jena

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Originalarbeit

  • 1 Ducharme F M, Lasserson T J, Cates C J. Addition to inhaled corticosteroids of long-acting beta2-agonists versus anti-leukotrienes for chronic asthma.  Cochrane Database of Systematic Reviews. 2011, Issue 5 DOI: 10.1002/14651858.CD003137.pub4 www.thecochranelibrary.com
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Originalarbeit

  • 1 Ducharme F M, Lasserson T J, Cates C J. Addition to inhaled corticosteroids of long-acting beta2-agonists versus anti-leukotrienes for chronic asthma.  Cochrane Database of Systematic Reviews. 2011, Issue 5 DOI: 10.1002/14651858.CD003137.pub4 www.thecochranelibrary.com