Dtsch Med Wochenschr 2012; 137(34/35): 1678
DOI: 10.1055/s-0032-1301867
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Diabetologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Typ-2-Diabetes: Welches Langzeitinsulin ist besser?

Type 2 diabetes: Which long-acting insulin should be preferred?
M. Nauck
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Korrespondenz

Prof. Dr. med. Michael Nauck
Diabeteszentrum Bad Lauterberg

Publication History

Publication Date:
14 August 2012 (online)

 

    Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) ist eines der wichtigsten blutdruckregulierenden Systeme des Körpers. Bei Bluthochdruck können ACE-Hemmer, AT1-Blocker etc. regulatorisch an unterschiedlichen Punkten dieses Systems ansetzen. Renininhibitoren stellen eine neue Wirkstoffklasse der Antihypertensiva dar, deren Effektivität nun in einem aktualisierten Cochrane-Review geprüft wurde.


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    Einleitung: Insulin glargin und Insulin detemir unterscheiden sich in Struktur und Diffusionsverhalten. Das rekombinante Insulin glargin hat durch modifizierte Aminosäuren ein verbessertes Löslichkeitsverhalten. Insulin detemir besitzt eine C14-Fettsäure mit reversibler Bindung an Albumin. Durch die Modifikationen des humanen Insulinmoleküls soll eine langsame und kontinuierliche Freisetzung gewährleistet werden.

    Studien: Die Recherche ermittelte 9 Studien, von denen 5 aufgrund einer kürzeren Dauer als 12 Wochen nicht die Kriterien der Cochrane-Analyse erfüllten. Darüber hinaus wurden 4 noch laufende Studien ausgeschlossen. Insgesamt erhielten 2250 Patienten mit Typ-2-Diabetes (Durchschnittsalter 55 Jahre) entweder Insulin glargin oder Insulin detemir über 24 bis 52 Wochen. Kurzwirksame Insuline und orale Antidiabetika waren zusätzlich erlaubt, wenn sie in beiden Studienarmen eingesetzt wurden. Primärer Endpunkt dreier Studien war der HbA1c-Wert, in der vierten Studie der Anteil an Patienten, die final einen HbA1c ≤ 7 % ohne intermediäre symptomatische Hypoglykämien erreichten. Weitere Endpunkte waren u.a. Nüchtern-Blutzuckerspiegel, Hypoglykämien, Körpergewicht, Insulindosierung sowie die Lebensqualität.

    Ergebnisse: Die Medikamente hatten eine vergleichbare Effektivität und Sicherheit. Insulin glargin wurde als Einmaldosis abends injiziert. Bei Insulin detemir war zusätzlich eine morgendliche Dosis möglich. 13,6 % bis 57,2 % der Patienten spritzten die Substanz zweimal täglich. Daraus resultierte eine im Vergleich zu Insulin glargin höhere Gesamtdosis. Lokalreaktionen kamen wegen zweimaliger Injektion häufiger vor (1,8 % vs. 0,4 %). Die Gewichtszunahme war unter Insulin detemir signifikant geringer (△0,91 kg; 95 %-Konfidenzintervall -1,21 bis -0,61). Die Gesamtzahl an (schweren und nächtlichen) Hypoglykämien unterschied sich nicht signifikant. Insgesamt traten diese selten auf (0,4– 1,8 %). Der Vergleich der Nüchternblutzucker-, HbA1c-Werte und Blutzuckertagesprofile zeigte eine vergleichbare Effektivität beider Substanzen für die kontinuierliche glykämische Kontrolle. Angaben zur Lebensqualität machte nur eine Studie, die keine Unterschiede feststellte. Der Bias der Primärstudien war aufgrund der fehlenden Verblindung in den Studien hoch.

    Fazit der Cochrane-Autoren

    Die vergleichende Meta-Analyse der Langzeitinsuline Glargin und Detemir bei Patienten mit Typ-2-Diabetes ergab keinen signifikanten Unterschied zueinander in Hinblick auf HbA1c-Wert und die Gesamtzahl an (schweren und nächtlichen) Hypoglykämien. Eine zuverlässige und kontinuierliche Blutzuckereinstellung gelang mit beiden Substanzen, so die Autoren. Dem Nachteil häufigerer Injektionen und Lokalreaktionen bei Insulin detemir stehe die signifikante Gewichtszunahme bei Insulin glargin gegenüber.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle

    Originalarbeit: Swinnen SG, DeVries JH. Insulin detemir versus glargine for type 2 diabetes mellitus. Cochrane Database of Systematic Reviews 2011, Issue 7 DOI: 10.1002/14651858.CD006383.pub2 http://www.thecochranelibrary.com

    Kommentar aus der Praxis

    Die beiden derzeit verfügbaren langwirksamen Insulinanaloga Insulin glargin und Insulin detemir unterscheiden sich in ihrem Verzögerungsprinzip und in pharmakokinetischen Eigenschaften. Die Tatsache, dass Insulin glargin eine längere Halblebenszeit hat, wirkt sich nach der vorliegenden Meta-Analyse aber nicht auf klinische Endpunkte (Einstellungsqualität des Diabetes, Hypoglykämiehäufigkeit usw.) aus. Die unterschiedliche Insulindosierung der beiden Insulinanaloga kann unter Umständen nicht nur von der ggf. zweimal täglichen Injektion von Insulin detemir abhängen, sondern von der Tatsache, dass Insulin detemir zum größten Teil Albumin-gebunden vorliegt und der Anteil des frei diffundierbaren Insulin detemir von Patient zu Patient schwanken kann. Als Fazit bleibt, dass beide langwirksamen Insulinanaloga hinsichtlich der Vermeidung von nächtlichen Hypoglykämien wahrscheinlich dem NPH-Insulin überlegen sind, der Vergleich zwischen Insulin glargin und Insulin detemir ergibt aber bei Typ-2-Diabetes in Kombination mit oralen Antidiabetika nur marginale Unterschiede.

    Prof. Dr. med. Michael Nauck Diabeteszentrum Bad Lauterberg

    Der Beitrag wurde geändert am 5.12.2012 gemäß folgendem Erratum:

    Im Beitrag „Typ-2-Diabetes: Welches Langzeitinsulin ist besser?“ (Dtsch Med Wochenschr 2012; 137: 1678) heißt es im Ergebnisteil richtig: „Die Gewichtszunahme war unter Insulin detemir signifikant geringer […]“


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    Der Autor erklärt, Honorare (Amylin Pharmaceuticals, Astra-Zeneca, Berlin Chemie/Menarini, Boehringer Ingelheim, Bristol-Myers Squibb, Diartis Pharmaceuticals, Eli Lilly & Co., Hoffmann-La Roche, GlaxoSmith- Kline, Lilly Deutschland, MannKind, Merck Sharp & Dohme, Novartis Pharma, Novo Nordisk Pharma, Sanofi-Aventis Pharma, Takeda, Wyeth Research) und finanzielle Unterstützung für mono-/ multizentrische Studien (Berlin-Chemie/ Menari, Eli Lilly & Co., Merck Sharp & Dohme, Novartis Pharma, Astra-Zeneca, Boehringer Ingelheim, GlaxoSmithKline, Lilly Deutschland, Metacure, Roche Pharma, Novo Nordisk Pharma, Tolerx) sowie für Advisory Boards (Amylin Pharmaceuticals, Berlin Chemie, Boehringer Ingelheim, Eli Lilly & Co., Hoffmann-La Roche, Intarcia Therapeutics, Janssen Global Services, Merck Sharp & Dohme, Novo Nordisk Pharma, Sanofi-Aventis Pharma, Takeda) erhalten zu haben.

    Korrespondenz

    Prof. Dr. med. Michael Nauck
    Diabeteszentrum Bad Lauterberg