Dtsch Med Wochenschr 2012; 137(38): 1844
DOI: 10.1055/s-0032-1327083
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Gastroenterologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Koloskopie: Propofol gut zur Sedierung geeignet

Colonoscopy: propofol well suited for sedation
A. Meining
Further Information

Korrespondenz

Prof. Dr. Alexander Meining
II. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Isar, TU München

Publication History

Publication Date:
12 September 2012 (online)

 

    Propofol wird zunehmend zur Sedierung bei Koloskopien eingesetzt, und zahlreiche Studien haben sich mittlerweile mit diesem Wirkstoff beschäftigt. Eine Arbeitsgruppe um H. Singh hatte bereits 2008 eine Meta-Analyse dazu publiziert, die nun aktualisiert wurde.


    #

    Einleitung: Mit der Etablierung von Screening-Programmen für kolorekatale Karzinome hat die Zahl der Koloskopien beträchtlich zugenommen. Eine Sedierung im Rahmen dieser Untersuchung kann die Toleranz der Patienten steigern und so zu einer rascheren Erholung und einer höheren Zufriedenheit führen. Allerdings herrscht derzeit keine Einigkeit über das optimale Medikament. In den letzten Jahren wird zunehmend Propofol eingesetzt, bezüglich des Nutzens kommen Studien jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen.

    Studien: Die Autoren suchten für die Cochrane-Analyse nach randomisiert-kontrollierten Studien, a) in denen die Sedierung mit Propofol im Vergleich zu herkömmlichen Sedativa (z.B. Benzodiazepine) bei Koloskopie gesetzt wurde, b) die die Gabe von Propofol durch Anästhesisten mit der Gabe durch Nicht-Anästhesisten verglichen. Endpunkte waren das technische Ergebnis der Koloskopie (Rate an Coecum-Intubationen, Zeitbedarf, Erholungszeit der Patienten, Liegezeit und Tiefe der Sedierung), die Patientenzufriedenheit, die Schmerzkontrolle und die Komplikationsraten.

    Ergebnisse: Insgesamt erfüllten 22 Studien die Einschlusskriterien der Cochrane-Analyse, darunter 3 neue Studien. Eine einzige Studie unterschied zwischen der Propofolgabe durch Anästhesisten und Nicht-Anästhesisten. Unter Propofol waren sowohl die Zeiten für die Erholung der Patienten (11 Studien mit 776 Patienten) als auch die Dauer bis zur Entlassung (7 Studien mit 542 Patienten) kürzer. Zudem zeigte sich eine höhere Patientenzufriedenheit unter Propofol (10 Studien mit 819 Patienten), wobei die Odds Ratio (OR) für Unzufriedenheit bei 0,35 lag (95%–Konfidenzintervall [KI] 0,23–0,53). Die benötigte Zeit für die Untersuchung (9 Studien mit 736 Patienten) oder die Rate an Komplikation unterschied sich zwischen den unterschiedlichen Sedativa nicht voneinander. Auch im Hinblick auf die Schmerzkontrolle fand sich kein signifikanter Unterschied (5 Studien mit 396 Patienten; OR 0,90 95%-KI 0,58–1,39). In der einzigen Studie, die die Gabe von Propofol durch Anästhesisten und Nicht-Anästhesisten verglich (n=94), zeigte sich kein signifikanter Unterschied bezüglich Untersuchungszeit und Patientenzufriedenheit. Der Bias der eingeschlossenen Studien war überwiegend moderat bis hoch.

    Fazit der Cochrane-Autoren

    Propofol kann als Sedativum bei einer Koloskopie sowohl die Erholungszeit als auch die Verweildauer bei allgemein gesundenen Patienten im Vergleich zu traditionellen Sedativa, wie Benzodiazepinen oder anderen Narkotika, verkürzen. Dabei erhöhe es die Patientenzufriedenheit, ohne die Komplikationsrate zu steigern, so die Autoren.

    Dr. med. Johannes Weiß, Bad Kissingen

    Originalarbeit: Singh H, Poluha W, Cheang M et al. Propofol for sedation during colonoscopy. Cochrane Database of Systematic Reviews 2008, Issue 4. DOI 0.1002/14651858.CD006268.pub2. www.thecochranelibrary.com

    Kommentar aus der Praxis

    Eigentlich ist alles gesagt: Wird eine (Analgo-)Sedierung während einer Koloskopie gewünscht, ist Propofol derzeit das Mittel der Wahl! Hierfür sprechen nahezu alle Studien, Meta-Analysen, aber auch die tagtägliche Praxis. Demzufolge wird in der S3-Leitlinie zur Sedierung in der Endoskopie auch Propofol explizit empfohlen (Riphaus et al. 2008; 46: 1298–1330). Es darf gemutmaßt werden, dass sich an dieser Empfehlung auch in der demnächst überarbeiteten Fassung nichts ändern wird. Zu klären erscheint eher die Frage, wer unter welchen Bedingungen Propofol geben darf und dementsprechend auch diese Leistung abrechnen kann? So wird in der erwähnten Metanalyse von Singh et al. als Teilaspekt berichtet, dass die Propofol-Gabe von Nicht-Anästhesisten ebenso zuverlässig und sicher wie von Anästhesisten ist. Auch diese Daten unterstützen das in der deutschen Leitlinie empfohlene Vorgehen einer NAPS („Nurse-Administered-Propofol-Sedation“). Der Einsatz von Propofol in der Sedierung (auch im Sinne von NAPS) ist somit hinreichend wissenschaftlich untermauert. In der Praxis spielt daher derzeit eher die Umsetzung der Empfehlung und v.a. die adäquate Budgetierung eine entscheidende Rolle. Steter Tropfen höhlt den Stein!

    Prof. Dr. Alexander Meining


    #

    Interessenkonflikte: keine

    Korrespondenz

    Prof. Dr. Alexander Meining
    II. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Isar, TU München