Dtsch Med Wochenschr 2013; 138(06): 248
DOI: 10.1055/s-0032-1329139
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Nephrologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Chronische Nierenerkrankungen: Körperliches Training wirkt sich günstig aus

Chronic kidney diseases: positive effect of exercise training
B. Krämer
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Korrespondenz

Prof. Dr. med. Bernhard Krämer
Universitätsmedizin Mannheim, V. Medizinische Klinik, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim

Publication History

Publication Date:
29 January 2013 (online)

 

    Gesteigerte Bewegung hat bei vielen Erkrankungen positive Effekte. Warum nicht ebenso bei chronischen Nierenerkrankungen, bei denen die Patienten im Schnitt eine derart reduzierte Aktivität aufweisen, dass sie dadurch bereits in ihrem alltäglichen Leben stark beeinträchtigt sind? S. Heiwe und S. A. Jacobson gingen dieser Frage nun in einem Cochrane-Review nach.


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    Einleitung: Die körperliche Fitness von Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen beträgt bereits im Anfangsstadium nur etwa 70% des bei Gesunden zu erwartenden Wertes und sinkt bei Dialysepflichtigkeit auf rund 50%. Leitlinien betonen daher, dass die körperliche Aktivität einen der Eckpunkte der Therapie bilden sollte. Zahlreiche Studien haben mittlerweile den Einfluss einer Trainingstherapie auf den Gesundheitszustand von Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen untersucht, die in der vorliegenden systematischen Übersichtsarbeit zusammenfasst wurden.

    Studien: Die Autoren schlossen in die Analyse randomisiert-kontrollierte Studien ein, die bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen die Auswirkungen eines regelmäßigen körperlichen Trainings untersuchten. Dabei musste das Training strukturiert geplant sein und regelmäßig über mindestens 8 Wochen stattfinden. Studien, in denen die Intervention lediglich in einer Empfehlung zur Steigerung der körperlichen Aktivität bestand oder in denen das Training über einen kürzeren Zeitraum stattfand, wurden ausgeschlossen.

    Ergebnisse: 45 Studien mit insgesamt 1863 Teilnehmern erfüllten die Einschlusskriterien der Cochrane-Analyse, 19 Studien flossen davon in eine Meta-Analyse ein. Als Interventionen wurden Ausdauertraining, Krafttraining oder kombiniertes Ausdauer-Krafttraining sowie Yoga durchgeführt; die Dauer der Trainingseinheiten variierte zwischen 20 und 110 Minuten, die Dauer der Interventionen zwischen 2 und 18 Monaten. Das Risiko von Bias war bei 18% der Studien niedrig, bei 33% mäßig und bei 49% hoch. Regelmäßiges Training steigerte die körperliche Fitness der Patienten (standardisierte mittlere Differenz [SMD] der aeroben Kapazität -0,56; 95%-Konfidenzintervall [KI] -0,70 bis -0,42 und der Gehleistung -0,36; 95%-KI -0,65 bis -0,06). Auch einige kardiovaskuläre Parameter verbesserten sich: so sank der diastolische Blutdruck um 2,32 mmHg (95%-KI 0,59-4,05), der systolische um 6,08 mmHg (95%-KI 2,15-10,12) und die Herzfrequenz um 6 Schläge/min (95%-KI 2-10). Ferner sanken unter körperlichem Training die Spiegel von Albumin um 2,28 g/l (95%-KI -4,25 bis -0,32) und Präalbumin um 44,02 mg/l (95%-KI -71,52 bis -16,53). Die Energieaufnahme minimierte sich zudem und die gesundheitsbezogene Lebensqualität stieg signifikant.

    Fazit der Cochrane-Autoren

    Regelmäßiges Training zeigt bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung positive Effekte auf die körperliche Fitness, verschiedene kardiovaskuläre und ernährungsbezogene Parameter sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität.

    Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen

    Originalarbeit: Heiwe S, Jacobson SH. Exercise training for adults with chronic kidney disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2011, Issue 10. DOI: 10.1002/14651858.CD003236.pub2. www.thecochranelibrary.de

    Kommentar aus der Praxis

    Heiwe und Jacobson zeigen in ihrer Meta-Analyse aus 19 Studien, dass bei dialysepflichtigen Patienten, Patienten mit chronischer Nierenerkrankung oder nach Nierentransplantation ein körperliches Training wirkungsvoll ist. Sowohl die Fitness, der Blutdruck und Puls als auch die Lebensqualität wurden günstig beeinflusst; wohingegen „Ernährungsparameter" uneinheitlich beeinflusst wurden. Auch wenn harte Endpunkte, wie kardiovaskuläre Morbidität, nicht beeinflusst wurden und die gefundenen Effekte teilweise nur für Subgruppen nachweisbar waren, sollte uns diese Meta-Analyse ermutigen, unseren nierenkranken Patienten ein körperliches Training zu empfehlen. Ein gemischtes Herz-Kreislauf- und Krafttraining dreimal wöchentlich für die Dauer von einer Stunde erscheint empfehlenswert. Weitere Untersuchungen (Ernährungsparameter, harte Endpunkte) sind notwendig.


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    Interessenkonflikte: keine

    Korrespondenz

    Prof. Dr. med. Bernhard Krämer
    Universitätsmedizin Mannheim, V. Medizinische Klinik, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim