Dtsch Med Wochenschr 2013; 138(19): 985
DOI: 10.1055/s-0032-1329147
Aus der Cochrane Library – kurz berichtet
Infektiologie – Pneumologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Procalcitonin-Test bei Atemwegsinfektionen?

Procalcitonin testing in acute respiratory tract infections?
S. Krome
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Publication Date:
30 April 2013 (online)

 

    Einleitung: Mit einem Anteil von 75% sind respiratorische Infekte die häufigste Ursache für die Verordnung eines Antibiotikums (AB). Jeder dritte Patient mit einem grippalen Infekt erhält Antibiotika und das, obwohl diese hauptsächlich viral induziert sind. Die Konzentration des Prohormons Procalcitonin steigt infolge bakterieller Infektionen an und nimmt mit nachlassender Entzündungsaktivität wieder ab. Die Cochrane-Autoren überprüften nun, ob eine Anpassung der AB-Behandlung auf Basis einer Procalcitonin-Bestimmung Nachteile hat. Studien: Die berücksichtigten Untersuchungen waren randomisierte kontrollierte Studien mit erwachsenen Patienten, die wegen eines respiratorischen Infektes AB erhielten. Die Verläufe eines Therapie-Managements ohne und unter Berücksichtigung der Procalcitonin-Werte wurden verglichen. Immunkompromittierte Patienten waren ausgeschlossen. Primäre Zielvariablen waren die Mortalität und ein Therapieversagen nach 30 Tagen. Die Kriterien für Therapieversagen unterschieden sich: Bei ambulant Erkrankten waren dies Krankenhauseinweisungen, Komplikationen, eine klinische Persistenz oder Verschlechterung. Für als Notfall stationär aufgenommene Patienten waren die Verlegung auf eine Intensivstation, Komplikationen, klinische Verschlechterung und Wiederaufnahmen nach der Entlassung Parameter für ein Therapieversagen. Bei Intensivpatienten war es die Mortalität. Sekundäre Zielvariablen waren die Häufigkeit und Dauer der AB-Einnahme, die Krankenhausverweilzeit und die Dauer der physischen Beeinträchtigung. Ergebnisse: 14 Studien (10 europäische, 2 chinesische und 2 multinationale) mit insgesamt 4221 Patienten wurden erfasst. Bei 2085 Patienten wurde die AB-Therapie nach dem Procalcitoninwert gesteuert und bei 2126 nach Standardkriterien. 118 vs. 134 Patienten starben (Odds Ratio [OR] 0,94; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,71–1,23). Ein Therapieversagen trat bei 19,1% vs. 21,9% der Patienten auf (OR 0,82; 95%-KI 0,71–0,97). Die Ergebnisse wurden mit verschiedenen Sensitivitätsanalysen als robust bestätigt. Eine Einschränkung bestand für intensivmedizinisch behandelte Patienten, für die eine Verzerrung (Bias) bezüglich der Mortalität nicht sicher ausgeschlossen werden konnte. In der Gruppe mit Procalcitonin-Bestimmung reduzierte sich die AB-Anwendungsdauer um 3,47 Tage (adjustierte Differenz; 95%-KI -3,78 bis -3,17).

    Fazit der Cochrane-Autoren

    Eine Behandlungsstrategie unter Einbeziehung von Procalcitonin-Tests führte insgesamt weder zu erhöhter Mortalität, noch zu häufigerem Therapieversagen. Darüber hinaus reduzierte seine Anwendung als Kriterium für eine Therapienotwendigkeit die Dauer und Menge der Antibiotikaeinnahme bei ambulanten, stationären und Intensivpatienten. Die Ergebnisse sollten in internationalen Studien und für intensivpflichtige Patienten bestätigt werden.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle

    Originalarbeit: Schuetz P et al. Procalcitonin to initiate or discontinue antibiotics in acute respiratory tract infections. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 9. DOI: 10.1002/16451858.CD7498.pub2 www.thecochranelibrary.com


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