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DOI: 10.1055/s-0032-1329152
Betablocker zur Erstlinientherapie der arteriellen Hypertonie?
Beta-blockers as first-line therapy for hypertension?Betablocker wurden in der Vergangenheit als Medikamen-te erster Wahl zur Behandlung der arteriellen Hypertonie eingesetzt. Mehrere Metaanalysen zeigten nun, dass Beta-blocker hinsichtlich Endpunkten wie Schlaganfall, Myokardinfarkt und kardiovaskulärer Mortalität schlechter abschnitten als die Gesamtgruppe anderer Antihypertensiva. Ein aktuelles Cochrane-Review verglich nun Betablocker mit einzelnen Substanzklassen.
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Einleitung: Bluthochdruck ist einer der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen und für das Auftreten von Schlaganfällen. Es konnte gezeigt werden, dass sogar geringe Absenkungen des arteriellen Blutdrucks zu einer signifikanten Reduktion von Morbidität und Mortalität führen. Immer wieder wird die Frage diskutiert, welche Antihypertensiva die Prognose eines Patienten verbessern und aus diesem Grund in erster Linie einzusetzen sind.
Studien: Das aktuelle Cochrane-Review ist ein Update zu der 2007 veröffentlichten Metaanalyse der Cochrane Collaboration. Es wurden insgesamt 13 randomisierte Studien eingeschlossen. Diese verglichen die Betablocker-Therapie entweder mit der Behandlung mit einem Placebo bzw. keiner Therapie, einem Diuretikum, einem Calciumkanalblocker und Inhibitoren des Renin-Angiotensin-Systems (RAS). Die Gesamtzahl der Studienteilnehmer in allen eingeschlossenen Untersuchungen lag bei 40 245 Patienten. 28 Studien wurden ausgeschlossen, unter anderem wegen eines zu kurzen Beobachtungszeitraumes, wegen fehlender Endpunktdaten oder weil Betablocker nicht als Monotherapie verwendet wurden.
Ergebnisse: Betablocker zeigten sich Calciumantagonisten unterlegen in Bezug auf die Gesamtmortalität (Relatives Risiko [RR] 1,07; 95%-Konfidenzintervall [KI]1,00–1,14), das Auftreten von Schlaganfällen (RR 1,24; 95%-KI 1,11–1,40) und auf die Inzidenz kardiovaskulärer Erkrankungen (RR 1,18; 95%-KI 1,08–1,29). Im Hinblick auf das Schlaganfallrisiko schnitten Betablocker außerdem auch schlechter ab als RAS-Inhibitoren (RR 1,30; 95%-KI 1,11–1,53). Betablocker wurden häufiger wegen Nebenwirkungen abgesetzt als RAS-Inhibitoren (RR 1,41; 95%-KI 1,29–1,54). Die Autoren weisen darauf hin, dass die schlechtere Wirksamkeit der Betablocker bezüglich der genannten Endpunktdaten möglicherweise wie folgt zu erklären ist: Betablocker senken zwar die brachial gemessenen Blutdruckwerte, der zentrale aortale Blutdruck wird dagegen in deutlich geringerem Ausmaß reduziert.
Betablocker zeigten sich beim Einsatz zur Blutdruckeinstellung prognostisch anderen Substanzklassen unterlegen. Die Qualität der Evidenz wird von den Autoren allerdings als eher niedrig eingestuft. Weitere Forschung sei notwendig. Insbesondere sei unbekannt, ob möglicherweise Betablocker mit vasodilatierenden Eigenschaften (z.B. Nebivolol, Carvedilol), die den Aortendruck stärker absenken, günstigere Effekte aufweisen und ob Betablocker bei älteren und jüngeren Patienten zu unterschiedlichen Effekten führen.
Dr. Katharina Franke, Darmstadt
Originalarbeit: Wiysonge CS et al. Beta-blockers for hypertension. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 8. DOI: 10.1002/14651858.CD002003.pub3 www.thecochranelibrary.com
Seit der Publikation der ASCOT-Studie mit dem Nachweis der Überlegenheit einer ACE-Hemmer/Kalziumantagonisten-Kombinationstherapie über die Betablocker/Diuretikum-Gruppe und der nachfolgenden Metaanalyse von Lindholm et al. (Lancet 2005; 366:1545ff) mit einem negativen Ergebnis für Betablocker in der Hochdrucktherapie ist diese Substanzklasse zunehmend in die Kritik geraten.
In der Folgezeit häuften sich Studienergebnisse, die eine negative Stoffwechselbeeinflussung (Gewicht, Blutfette, Diabetes) sowie schlechtere Hypertrophie-(Gefäße, Herz) und Plaqueregression im Vergleich zu anderen Antihypertensiva belegten. Darüber hinaus führt eine höhere Gefäßsteifigkeit unter Betablockern zu höheren zentralen Blutdruckwerten.
In diesem Kontext verwundern die für Betablocker signifikant schlechteren Ergebnisse der jüngst aktualisierten Cochrane-Metaanalyse nicht – vor allem bezüglich der häufigsten Hochdruckkomplikation: dem Schlaganfall.
Ungeachtet dessen bleibt davon die evidenzbasierte Indikation für Betablocker in der Therapie der Herzinsuffizienz und der koronaren Herzkrankheit unberührt.
Für eine individualisierte, evidenzausgerichtete Hochdrucktherapie sind Betablocker als Erstlinien-Substanzen allerdings nur noch bei sehr speziellen Fällen, wie hyperkinetische Kreislaufverhältnisse oder Belastungshypertonie sinnvoll. Insgesamt scheinen in der Praxis gefäßdilatierende Betablocker Vorteile gegenüber den Beta-1-selektiven Betablockern zu haben. Diese sind jedoch wissenschaftlich nur ungenügend abgesichert.
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Interessenkonflikte: keine