Dtsch Med Wochenschr 2013; 138(33): 1648
DOI: 10.1055/s-0032-1329163
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Pneumologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie effektiv ist der Single-Inhaler?

How effective is the single-inhaler?
A. Gillissen
Further Information
Prof. Dr. Adrian Gillissen
Klinikum Kassel / Kassel School of Medicine

Publication History

Publication Date:
02 August 2013 (online)

 

    Alternativ zur Anwendung von 2 Pumpsprays für die Akut- und Dauertherapie des Asthma bronchiale steht ein Budesonid-Formoterol-Single-Inhaler zur Verfügung, der beide Substanzen enthält. Cates et al. fassten Studien zusammen, die den Nutzen und die Sicherheit beider Methoden verglichen.


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    Einleitung: Die Standardtherapie des chronischen Asthma bronchiale nutzt die synergistischen Effekte von β2-Sympathomimetika und Glukokortikoiden und erfolgt mit 2 getrennten Pumpfläschchen. Bei der Single-Inhaler-Therapie (SiT) liegen Budesonid und Formoterol in einem Spray kombiniert vor.

    Studien: 13 randomisierte Parallelgruppenstudien mit 13 152 erwachsenen Patienten und eine Studie mit 224 Kindern wurden in die Cochrane-Analyse eingeschlossen. Sie verglichen die SiT mit der Standardbehandlung aus 2 getrennten Sprays. Alle Untersuchungen wurden finanziell von der SiT-Herstellerfirma unterstützt. Die Anwendungsdauer der Medikamente betrug mindestens 12 Wochen. Zielvariablen waren Häufigkeit stationärer Aufnahmen, Exazerbationshäufigkeit, Zeit bis zur Exazerbation, tägliche Glukokortikoiddosis, Therapieabbrüche und Nebenwirkungen. In 9 Studien bestand ein geringes Risiko der Datenverzerrung durch Selections-Bias, aber ein hohes Risiko durch Detections-Bias, da keine Verblindung erfolgt war.

    Ergebnisse: Die Häufigkeit von Krankenhausaufnahmen wegen Exazerbationen war insgesamt gering und nicht signifikant verschieden (8 Studien, 8841 Patienten; Peto Odds Ratio [POR] 0,81; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,45–1,44). Exazerbationen, die eine orale Steroidgabe erforderten, traten in den SiT-Gruppen signifikant seltener auf (Odds Ratio [OR] 0,83; 95%-KI 0,70–0,98). Die tägliche Glukokortikoiddosis war nach Patientenangaben unter SiT um 107–385 μg/d geringer als unter Standardbehandlung. 3 Studien (4209 Patienten) verglichen SiT und die Kombination von hochdosiertem Budesonid und Terbutalin. Auch in diesen Studien waren Exazerbationen mit stationärer Aufnahme nicht signifikant verschieden (POR 0,56; 95%-KI 0,28–1,09) und ambulante Exazerbationen mit einer oralen Glukokortikoidtherapie während SiT seltener (OR 0,54; 95%-KI 0,45–0,64). In allen Studien kamen schwere Komplikationen nicht verschieden häufig, aber Therapieabbrüche während SiT signifikant öfter vor. In einer Studie mit 224 Kindern waren Krankenhauseinweisungen wegen Exazerbationen insgesamt selten. Verglichen mit der Standardbehandlung war eine Steigerung der Glukokortikoid-Dosis in der SiT-Gruppe seltener notwendig, deren Gesamtdosis geringer und das jährliche Längenwachstum 1 cm größer (95%-KI 0,3–1,7).

    Fazit der Cochrane-Autoren

    Verglichen mit der Standardtherapie und einer erhöhten Fixdosis inhalativer Steroide reduzierte der Single-Inhaler mit Budesonid und Formoterol das Risiko von Asthma-Exazerbationen mit oralem Glukokortikoidbedarf. Die Evidenz, dass eine SiT die Hospitalisationsrate senkt, sei schwach.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle

    Originalarbeit: Cates CJ et al. Combination formoterol and budesonide as maintenance and reliever therapy versus current best practice (including inhaled steroid maintenance), for chronic asthma in adults and children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013; Issue4 DOI: 10.1002/14651858.CD007313.pub3 www.thecochranelibrary.com

    Kommentar aus der Praxis

    In der Langzeittherapie des unkontrollierten bzw. mittelgradig und schwergradig persistierenden Asthmas dürfen Salmeterol und Formoterol nur in Kombination mit einem inhalativen Kortikosteroid angewendet werden. Durch die zusätzliche kurzwirksame Eigenschaft des Formoterol lag es nahe, die ICS/Formoterol-Kombination anstatt eines kurzwirksamen β2-Mimetikums zur Bedarfstherapie einzusetzen, wobei die Dauertherapie mit dieser Fix-Kombination durch eine zusätzliche Bedarfsanwendung ergänzt wird. Die SiT (Single-Inhaler-Therapie) bewirkt eine Reduktion der Dosis an inhalativen Kortikosteroiden (ICS) und des exazerbationsbedingten Einsatzes systemischer Kortikosteroide. Sie war, wie die analysierten Studien belegen, einer alleinigen Erhöhung der ICS-Dosis überlegen. Selbst eingedenk möglicher methodischer Probleme mancher Studien (z.B. open-label-Design) belegt diese Metaanalyse die Richtigkeit dieses Therapieansatzes. Der Therapieerfolg liegt in der Kombination eines rasch- und langwirksamen β2-Mimetikums mit der dabei sozusagen „zwangsweise“ zusätzlich erfolgten antiinflammatorischen Behandlung, die eine Dämpfung der dem Asthma zugrunde liegenden immunologischen Entzündung bewirkt. Für den Patienten wird dadurch die Therapie einfacher, da nur noch ein einziger Inhaler anstatt einer für die Dauertherapie und einer für den Bedarfsfall notwendig ist. Ob sich hieraus allerdings auch eine Erhöhung einer klinisch bedeutsamen Therapietreue ergibt, dürfte schwer nachzuweisen sein.

    Der Beitrag wurde geändert am 10.09.2013 gemäß folgendem Erratum:

    Im Beitrag „Wie effektiv ist der Single-Inhaler?“ (Dtsch Med Wochenschr 2013; 138; Nr. 33, 1648) lautet die korrekte Bezeichnung des Wirkstoffes Budesonid.


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    Interessenkonflikte: Der Autor erklärt, dass er Reisekostenerstattungen und/oder Honorare für Vorträge/Beratertätigkeiten von Almirall, Berlin-Chemie, Boehringer-Ingelheim, Glaxo SmithKline und Novartis erhalten hat.

    Prof. Dr. Adrian Gillissen
    Klinikum Kassel / Kassel School of Medicine