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DOI: 10.1055/s-0032-1329165
Kann ein automatisiertes Weaning die Beatmungsdauer verkürzen?
Does automated weaning reduce the duration of mechanical ventilation?Die Entwöhnung kritisch Kranker von einer invasiven Beatmung erfordert eine engmaschige Überwachung des Patienten, vor allem aber große Erfahrung von Seiten des behandelnden Arztes. Rose et al. analysierten Studien, die dieses herkömmliche Vorgehen mit den Ergebnissen eines computergestützten geschlossenen Systems verglichen.
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Einleitung: Invasive maschinelle Beatmung stellt einen massiven Eingriff in physiologische und immunologische Autoregulationsmechanismen des menschlichen Körpers dar und birgt mit zunehmender Dauer das Risiko von Lungenschäden, Pneumonien und Tod. Die Beatmungsdauer sollte daher möglichst kurz gehalten werden durch eine möglichst frühe, effektive und optimierte Entwöhnung (Weaning).
Studien: In das Cochrane-Review wurden 15 randomisierte kontrollierte Studien mit 1173 Patienten (1143 Erwachsene, 1 Studie mit 30 Kindern) eingeschlossen. Diese verglichen computergestützte geschlossene Systeme (closed-loop Modus) mit nicht-automatisierten Strategien. Primärer Endpunkt war die Dauer des Weanings, sekundäre Endpunkte waren Gesamtbeatmungsdauer, Länge des Aufenthalts auf der Intensivstation bzw. im Krankenhaus, Komplikationen und Mortalität.
Ergebnisse: Computergestützte geschlossene Systeme reduzierten bei Erwachsenen das geometrische Mittel der Weaningdauer von durchschnittlich 24 h auf 16,3 h und bei Kindern von 62,4 h auf 42,2 h (-32%; 95%-Konfidenzintervall [KI] -19% bis -46%). Die Studien weisen jedoch mit I2 = 89% (p < 0,00001) eine beträchtliche Heterogenität auf. Subgruppenanalysen ergaben eine signifikant reduzierte Dauer daher nur für internistisch betreute und gemischte Stationen, (-43%; 95%-KI -8% bis -65%, p = 0,02) und bei Verwendung des Smartcare/TS®-Systems (-31%; 95%-KI -7% bis -49%, p = 0,02). Bei chirurgische betreuten Patienten und Verwendung anderer Systeme fanden sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Weaningdauer. Im Gesamtkollektiv zeigte sich auch eine Verminderung der Gesamtbeatmungsdauer von 96 h auf 79,7 h bei Erwachsenen und von 182,4 h auf 151,4 h bei Kindern (-17%; 95%-KI -8% bis -26%) und der Länge des Intensivaufenthalts von 8 auf 7,1 Tage (-11%; 95%-KI -0% bis -21%), während die Mortalität und Länge des Krankenhausaufenthalts nicht beeinflusst wurden. Die Autoren beurteilten die Qualität der Evidenz als hoch, da die Mehrzahl der Studien ein niedriges Bias-Risiko aufwiesen.
Computergestützte geschlossene Systeme zur Beatmungs-Entwöhnung (Weaning) können die Dauer des Weanings, die Gesamtbeatmungsdauer und die Dauer des Intensivaufenthalts verringern. Dies gelte jedoch nur für das hauptsächlich verwendete Smartcare/TS®-System mit adaptiv unterstützender Ventilation und lasse sich nicht unmittelbar auf andere Systeme übertragen. Weitere randomisierte kontrollierte Multizenterstudien mit ausreichender Probandenzahl seien erforderlich, welche Patienten mit problemlosem Weaning ausschließen. Es bestünde ein dringender Bedarf für pädiatrische Studien, auch technische Weiterentwicklungen seien zu fordern.
Dr. med. Peter Pommer, Oberammergau
Originalarbeit: Rose L, Schultz MJ, Cardwell CR et al. Automated versus non-automated weaning for reducing the duration of mechanical ventilation for critically ill adults and children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 6. DOI: 10.1002/14651858.CD009235.pub2 www.thecochranelibrary.com
Die vorliegende Cochrane-Analyse bewertet automatisierte Weaning-Systeme, wobei es im Wesentlichen darum geht, maschinelle Beatmung in Abhängigkeit von physiologischen Parametern zu reduzieren und die Patienten kontinuierlich mehr zu belasten. Die untersuchten Patienten waren nicht im prolongierten Weaning (≥ 7 Tage), sondern meist nur 1–3 Tage beatmet. Die Unterschiede des automatisierten Systems in der Weaningzeit sind marginal bzw. klinisch nicht relevant. Outcome-Unterschiede bezüglich Komplikationen oder Mortalität waren nicht vorhanden. Das eigentliche Weaning-Problem beginnt erst, wenn die Patienten > 1 Woche beatmet sind. Dann liegt immer eine erschöpfte Atempumpe vor. Hier ist es effektiver, Spontanatmungsversuche einer sonst suffizienten Ventilation zwischenzuschalten. Das Zurückfahren der Beatmungsparameter sichert zwar den Gasaustausch, belastet aber die Atemmuskulatur stärker. Die computergestützten Regelungssysteme dürften auf der Intensivstation im Kurzzeit-Weaning dann von Vorteil sein, wenn vergleichsweise wenig Erfahrung in der Entwöhnung vorhanden ist.
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Interessenkonflikte: keine