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DOI: 10.1055/s-0032-1330135
AML: Kolonie-stimulierende Faktoren auf dem Prüfstand
Acute myeloic leukemia: evaluation of colony-stimulating factorsEinige Studien postulieren, dass die supportive Therapie mit hämatopoetischen Wachstumsfaktoren neutropenisches Fieber sowie den Antibiotika- und Antimykotikabedarf bei akuter myeloischer Leukämie reduziere. Aber wird auch die Mortalität gesenkt oder erhöhen diese sogar das Leukämierisiko? Ein Cochrane-Review fasst die Datenlage zusammen.
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Einleitung: Das hohe Infektionsrisiko bei Patienten mit Leukämie ist primär durch die Knochenmarkinfiltration mit leukämischen Blasten und sekundär durch die Knochenmarksuppression als Folge der Chemotherapie bedingt. Unter anderem regulieren der Granulozyten-CSF (colony-stimulating factor) und Granulozyten-Makrophagen-CSF (GM-CSF) die Proliferation, Differenzierung und Funktion der hämatopoetischen Zellen und beschleunigen die Regeneration. Auf Leukämiezellen wurden CSF-Rezeptoren ebenso nachgewiesen. Dies kann bei speziellen Therapien genutzt werden (Priming), unterstützt aber auch die Befürchtung einer nachteiligen Stimulation der Blastenpopulation.
Studien: 43 Publikationen (1990–2003) zu 19 randomisiert-kontrollierten Studien erfüllten die Einschlusskriterien der Cochrane-Analyse. Insgesamt erhielten 5256 Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (Jugendliche und Erwachsene aller Altersstufen) während oder nach der Chemotherapie i.v. oder subkutan Wachstumsfaktoren (14 Studien mit G-CSF, 5 mit GM-CSF), Placebo bzw. keine Behandlung. Primäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben oder die Sterblichkeitsrate. Sekundäre Endpunkte waren u.a. das krankheitsfreie Überleben, die Remissions- und Infektionshäufigkeit sowie Nebenwirkungen.
Ergebnisse: Die Behandlung mit Wachstumsfaktoren senkte nicht die Sterblichkeit in den ersten 30 Tagen (Relatives Risiko [RR] 0,97; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,80–1,18) oder zum Ende der Studie (RR 1,01; 95 %-KI 0,98–1,05). Auch das Gesamtüberleben unterschied sich nicht signifikant (Hazard Ratio 1,00; 95 %-KI 0,93–1,08). Die CSF-Gabe verringerte nicht signifikant die Anzahl an neutropenischem Fieber, aber die Dauer der Neutropenie. Die Daten ergaben ferner keine Hinweise auf eine negative Beeinflussung der Blastenpopulation, denn die komplette Remissionsrate, Rezidivhäufigkeit und das krankheitsfreie Überleben waren nicht signifikant anders zwischen Patienten mit oder ohne additiver CSF-Gabe. Die Häufigkeit bakterieller Entzündungen nahm unter Wachstumsfaktoren nicht signifikant ab (RR 0,96; 95 %-KI 0,82–1,12), invasive Pilzinfektionen kamen ebenso nicht signifikant seltener vor (RR 1,40; 95 %-KI 0,90–2,19). Ergebnisse aus 4 Studien zeigten, dass es unter CSF gering signifikant mehr Therapieabbrüche gab (RR 1,33; 95 %-KI 1,00–1,56). Angaben zur Nebenwirkungsrate waren selten (2 Studien). Die Aufteilung der Patienten wurde in 12 Studien adäquat aufgeführt, in den weiteren Studien wurde diese sowie die Verblindung nicht ausreichend protokolliert (hohes Risiko für Bias).
Eine additive Therapie mit G-CSF oder GM-CSF bei akuter myeloischer Leukämie beeinflusse weder kurz- noch langfristig die Gesamtmortalität sowie auch nicht das Auftreten von neutropenischem Fieber, bakteriellen Infekten und Mykosen. Die Autoren raten daher von einer routinemäßigen Gabe von Wachstumsfaktoren ab. Individuell könnte dies aber in Erwägung gezogen werden. Die Gabe sei sicher, da negative Effekte auf den Leukämieverlauf nicht beobachtet wurden und die Nebenwirkungen vertretbar waren, so die Autoren.
Dr. med. Susanne Krome, Melle
Originalarbeit: Gurion R et al. Colony-stimulating factors for prevention and treatment of infectious complications in patients with acute myelogenous leukemia. Cochrane Database of Systematic Reviews 2011, 9. DOI: 10.1002/14651858.CD008238.pub2
In ihrem Review analysierten Gurion et al. den Einsatz von kolonie-stimulierenden Faktoren (CSF), die zur Vorbeugung und Behandlung infektiöser Komplikationen bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie gegeben wurden. Dieser Analyse liegen 19 prospektiv randomisierte Studien zugrunde, in die insgesamt 5256 Patienten aufgenommen wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von CSF keinen negativen Einfluss auf Remissionsrate, Frühtodesfallrate oder Gesamtüberleben hatte, dass jedoch die Zahl an Tagen mit Neutropenie signifikant reduziert werden konnte. Das außerordentlich sorgfältig recherchierte Review belegt damit, dass der Einsatz von CSF bei der akuten myeloischen Leukämie sicher ist und Patienten hinsichtlich der Dauer der Neutropenie profitieren. Aus meiner Sicht kann daher der Einsatz von CSF in der Therapie der akuten myeloischen Leukämie empfohlen werden.
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Interessenkonflikte: Der Autor erklärt, finanzielle Unterstützung für Studien zu Neulasta (Amgen) erhalten zu haben.