Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(34/35): 1696
DOI: 10.1055/s-0033-1360616
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Kardiologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nicht-valvuläres Vorhofflimmern: direkte Thrombinhemmer vs. VKA

Non-valvular atrial fibrillation: direct thrombin inhibitors versus VKA
H. Klein
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Prof. Dr. Hermann H. Klein
Medizinische Klinik II, Schwerpunkt Kardiologie/Pneumologie, Klinikum Idar-Oberstein

Publication History

Publication Date:
12 August 2014 (online)

 

    Die chronische Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonis-ten beugt ischämischen Schlaganfällen und systemischen Embolien bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern vor. Dosisanpassung, Koagulationsüberwachung und Blutungen schränken ihren Einsatz jedoch ein. Direkte Thrombin inhibitoren werden zur Zeit als potenzielle Alternative untersucht.


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    Einleitung: Bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern sind als therapeutische Alternative zur oralen Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) auch Faktor-Xa-Inhibitoren und direkte Thrombin-inhibitoren (DTI) in Deutschland zugelassen. Salazar et al. legen nun eine systematische Übersichtsarbeit vor, die bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern Effektivität und Sicherheit von DTI mit dem Therapiestandard VKA vergleicht.

    Studien: In die systematische Übersichtsarbeit eingeschlossen wurden 8 randomisiert-kontrollierte Studien mit insgesamt 27 557 Patienten. Davon erhielten 10 287 VKA (Warfarin) verglichen mit den jeweiligen DTI: Dabigatran (n=12 355, 3 Studien), AZD0837 (n=233, 2 Studien), Ximelagatran (n=3726, 3 Studien). Wegen Marktrücknahme von Ximelagatran in Folge von Hepatotoxizität wurden diese Daten von der Endauswertung ausgeschlossen.

    Ergebnisse: Das Risiko eines vaskulären Todes oder eines ischämischen Ereignisses unterschied sich zwischen DTI und VKA nicht statistisch signifikant mit einer Odds Ratio (OR) von 0,94 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,85–1,05). Sensitivitätsanalysen legen eine Überlegenheit von Dabigatran in der Dosierung von 2 × 150 mg hinsichtlich der Reduktion ischämischer Ereignisse und vaskulärer Mortalität nahe bei allerdings grenzwertiger Signifikanz (OR 0,86; 95%-KI 0,75–0,99). Tödliche und nicht-tödliche Blutungen (einschließlich hämorrhagischer Apoplexe) kamen unter DTI seltener vor (OR 0,87; 95%-KI 0,78–0,97). Dagegen traten Nebenwirkungen, die zu einem Therapieabbruch führten, unter DTI deutlich häufiger auf (OR 2,18; 95%-KI 1,82–2,61). Die Gesamtsterblichkeit unterschied sich nicht statistisch signifikant zwischen DTI und VKA (OR 0,91; 95%-KI 0,83–1,01).

    Fazit der Cochrane-Autoren

    Bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern zeigten sich DTI und VKA als gleich wirksam, vaskuläre Todesfälle und ischämische Ereignisse zu verhindern. Lediglich für Dabigatran zeigte sich eine leichte Überlegenheit in der Dosierung von 2 × 150 mg. Unter DTI ereigneten sich weniger relevante Blutungsereignisse einschließlich hämorrhagischer Apoplexe, jedoch brachen Patienten, die DTI einnahmen, signifikant häufiger die Therapie wegen Nebenwirkungen ab. Die Gesamtmortalität zeigte keine Unterschiede.

    Dr. med. Peter Pommer, Oberammergau

    Originalarbeit: Salazar CA et al. Direct thrombin inhibitors versus vitamin K antagonists for preventing cerebral or systemic embolism in people with non-valvular atrial fibrillation. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 3. DOI: 10.1002/14651858.CD009893.pub2 www.thecochranelibrary.com

    Kommentar aus der Praxis

    Bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern werden zur Embolieprophylaxe sowohl Vitamin-K-Antagonisten als auch direkte Thrombininhibitoren (DTI, Dabigatran) eingesetzt. In dem hier vorgestellten Cochrane-Review wurden diese beide Wirkprinzipien anhand veröffentlichter kontrollierter Studien verglichen. Tödliche und schwere Blutungen traten bei der Einnahme von DTI signifikant seltener als bei einer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten auf. Dabigatran in der Dosierung von 2 × 150 mg/d verhinderte effektiver vaskuläre Todesfälle und ischämische Ereignisse. Dem praktisch tätigen Arzt vermittelt diese Analyse im Vergleich zur Zulassungsstudie von Dabigatran (siehe QR-Code) keine zusätzlichen Erkenntnisse, weil die zusätzlich untersuchten Substanzen entweder nicht mehr (Ximelagatran) oder nicht (AZD 0737) zur Verfügung stehen. Ein wissenschaftlich fundierter Vergleich zwischen DTI und Faktor-X-Inhibitoren bei den oben beschriebenen Patienten wäre wünschenswert.


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    Interessenkonflikte: keine

    Prof. Dr. Hermann H. Klein
    Medizinische Klinik II, Schwerpunkt Kardiologie/Pneumologie, Klinikum Idar-Oberstein