Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(45): 2274
DOI: 10.1055/s-0033-1360623
Aus der Cochrane Library – für die Praxis
Nephrologie – Pharmakotherapie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Helfen Aldosteron-Antagonisten bei chronischer Nierenerkrankung?

Chronic kidney disease: Do aldosterone antagonists help?
L. C. Rump
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Professor Dr. med. L. Christian Rump
Klinik für Nephrologie, Universitätsklinik der Heinrich-Heine Universität, Düsseldorf

Publication History

Publication Date:
28 October 2014 (online)

 

    Bei der Nephropathie gibt es neben einer Nierenersatzthe-rapie mehrere Ansätze, die Progression zum terminalen Nierenversagen zu verlangsamen oder gar zu verhindern. Im Vordergrund stehen dabei medikamentöse Therapien, die durch Blutdrucksenkung die Proteinurie reduzieren und die Abnahme der glomerulären Filtrationsrate verlangsamen sollen. Diese Therapieansätze sind auch wegen der starken Lebensquali-tätseinbußen, der gesteigerten Mortalität und der hohen Folge-kosten der terminalen Niereninsuffizienz von großer Bedeutung.


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    Einleitung: In der Therapie der chronischen Nierenerkankung (CKD) haben sich ACE-Hemmer (ACEi) und Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB) bewährt. Diese können zwar die Progression der CKD verlangsamen, aber nicht vollständig zum Stillstand bringen. Ob und inwiefern Aldosteron-Antagonisten allein oder zusätzlich verabreicht die Proteinurie vermindern können untersuchten Bolignano et al.

    Studien: Die Wissenschaftler schlossen in ihr Update des Reviews von 2009 weitere 17 (quasi-)randomisiert-kontrollierte Studien ein, die den Einfluss von Aldosteron-Antagonisten allein oder in Kombination mit ACEi und/oder ARB mit anderen antihypertensiven Strategien oder Placebo verglichen (insgesamt 27 Studien). Die Probandenzahl hatte sich gegenüber 2009 etwa verdoppelt (n=1549). Untersucht wurde der Einfluss der genannten Medikation auf renale und kardiovaskuläre Endpunkte.

    Ergebnisse: Verglichen mit einer ACEi- und/oder ARB-Therapie reduzierten nicht-selektive Aldosteron-Antagonisten (Spironolacton) in Kombination mit ACEi und/oder ARB statistisch signifikant die 24 h-Proteinausscheidung (standardisierte mittlere Differenz -0,61; 95%-Konfidenzintervall [KI] -1,08 bis -0,13; n=596). Desweiteren senkten sie den systolischen und diastolischen Blutdruck statistisch signifikant (mittlere Differenz [MD] -3,44 bzw. -1,73 mmHg; 95%-KI -5,05 bis -1,83 bzw. -2,83 bis -0,62). Der Effekt auf die Nierenfunktion war statistisch nicht signifikant (MD -2,55 ml/min/1,73 m2; 95%-KI -5,67 bis 0,51; n=528). Das Risiko einer Hyperkali-ämie verdoppelte sich (relatives Risiko [RR] 2,00; 95%-KI 1,25–3,20; n=632). Auch das Risiko für Gynäkomastie stieg statistisch signifikant an (RR 5,14; 95%-KI 1,14–23,23; n=281). Die meisten Studien schlossen relativ wenige (12 bis 268) Patienten ein und beschränkten sich auf die Einschätzung von Surrogatendpunkten. Die meisten Arbeiten berichteten nicht adäquat über die Studienmethodik, was die Einschätzung der Qualität erschwerte.

    Fazit der Cochrane-Autoren

    Die zusätzliche Therapie mit Aldosteron-Antagonisten reduziert bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer chronischer Nierenerkrankung die Proteinurie und den Blutdruck, erhöht aber das Risiko für Hyperkaliämie und Gynäkomastie. Ob durch die zusätzliche Therapie das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse oder terminale Niereninsuffizienz günstig beeinflusst werden kann, bleibt nach wie vor unklar.

    Dr. med. Peter Pommer, Oberammergau

    Originalarbeit: Bolignano D et al. Aldosterone ant-agonists for preventing the progression of chronic kidney disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 4 DOI: 10.1002/14651858.CD007004.pub3 www.thecochranelibrary.com

    Kommentar aus der Praxis

    Aldosteron-Antagonisten bei chronischen Nierenkrankheiten (CKD) sind in Mode gekommen. Ob sie allein oder in Kombination mit Renin-Angiotensin-System (RAS)-Inhibitoren sinnvoll sind, untersuchte das Cochrane-Review. Obwohl es offenbar keine eindeutige Evidenz gibt, dass harte Endpunkte verbessert werden, haben Aldosteron-Ant-agonisten einen hohen Stellenwert. Die zwei wichtigsten Indikationen sind schwer einstellbare Hypertonie und glomeruläre Proteinurie. Bei mit >3 Antihypertensiva vorbehandelten Hypertonikern ist die Blutdrucksenkung durch Aldosteron-Antagonisten besonders ausgeprägt; in der Monotherapie sind sie in Placebo kontrollierten Studien weniger effektiv. Dies hängt evtl. mit dem Aldosteron-Escape zusammen, der unter ACEi und AT1-Rezeptor-Blockern beobachtet wird und die wieder ansteigende Proteinurie bei CKD trotz RAS-Blockade erklären kann. So zeigte sich, dass niedrig dosierte Aldosteron-Antagonisten die Proteinurie nachhaltig senken. Dieser Effekt ist bei Nierenerkrankungen wie z.B. der membranösen Glomerulonephritis nachweisbar und kann dazu führen, dass eine immunsuppressive Therapie vermieden/herausgezögert wird. Grundsätzlich sind Aldosteron-Antagonisten bei CKD zu erwägen, falls die Proteinurie trotz RAS-Blockade >1 g/24 h bleibt. Allerdings führen diese Diuretika sogar bei primärem Hyperaldosteronismus dazu, dass die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) abnimmt. Engmaschige GFR- und Kalium-Kontrollen sind zwingend notwendig. Es sollte immer mit der niedrigsten Dosis Spironolacton (12,5 mg/d bzw. 25 mg jeden 2. Tag) oder Eplerenon (25 mg/d) begonnen werden, um eine Hyperkaliämie früh zu erkennen. Bei einer GFR <30 ml/min sollten Aldosteron-Antagonisten nicht eingesetzt werden. Vorsicht ist ab einer GFR < 60 ml/min geboten. Wenn auch in den positiven Studien bei Herzinsuffizienz (EPHESUS, EMPHASIS-HF) primär keine CKD-Patienten eingeschlossen wurden, hatten doch viele eine Niereninsuffizienz. Selbst bei Patienten mit Herzinsuffizienz nach Myokardinfarkt, die einen GFR-Verlust > 20% nach Therapiebeginn erlitten, war ein Vorteil von Eplerenon nachweisbar. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Aldosteron-Antagonisten bei CKD einen hohen Stellenwert haben, aber nur vorsichtig eingesetzt werden sollten.


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    Interessenkonflikte: keine

    Professor Dr. med. L. Christian Rump
    Klinik für Nephrologie, Universitätsklinik der Heinrich-Heine Universität, Düsseldorf