Journal Club AINS 2014; 3(2): 70
DOI: 10.1055/s-0034-1386783
Journal Club
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Intensivmedizin: Troponin bei Sepsis und septischem Schock

Landesberg G, Jaffe AS, Gilon D et al.
Troponin elevation in severe sepsis and septic shock: the role of left ventricular diastolic dysfunction and right ventricular dilatation.

Crit Care Med 2014;
42: 790-800
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. Juli 2014 (online)

 

    Eine Erhöhung des kardialen Troponins korreliert bei nahezu jedem Krankheitsbild mit einer erhöhten Mortalität. Dies gilt nicht nur für das akute Koronarsyndrom, sondern auch für Sepsis, Lungenembolie, Schlaganfall und kritische Krankheit jedweder Genese. Das klinische Korrelat für diese Troponin-Erhöhungen ist bisher nicht vollständig verstanden. Insbesondere weiß man nicht, wieso es im Verlauf zu einer erhöhten Mortalität kommt. Möglicherweise sind diese Gründe durch speziellen Echokardiografien fassbar.


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    Für das erhöhte Troponin und die damit verbundene erhöhte Mortalität sind die diastolische linksventrikuläre Dysfunktion und die systolische rechtsventrikuläre Dysfunktion verantwortlich.

    G. Landesberg et al. untersuchten in einer prospektiven Kohortenstudie 225 Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock. Bei ihnen wurde in den ersten 2 Tagen das hochsensitive Troponin bestimmt. Außerdem führten die Untersucher eine Echokardiografie durch, bei der mit 3D-Echo die Ventrikelvolumina bestimmt sowie die Wandbewegungen exakt mit Einzelpunktanalysen untersucht wurden. Die Daten wurden mit klinischen Variablen korreliert.

    Mit einem erhöhten Troponin korrelierten am besten

    • die linksventrikuläre diastolische Dysfunktion,

    • die rechtsventrikuläre systolische Dysfunktion,

    • ein hoher APACHE-II-Score sowie

    • eine schlechte Nierenfunktion, bestimmt durch die glomeruläre Filtrationsrate.

    Von den Patienten starben 39 % im Krankenhaus. Hier korrelierten die linksventrikuläre diastolische Dysfunktion und die rechtsventrikuläre systolische Dysfunktion mit der Mortalität.

    Fazit Intensivpatienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock weisen ein größeres Mortalitätsrisiko auf, wenn der Troponin-Wert in den ersten Tagen erhöht ist. Troponin und erhöhte Mortalität sind verursacht durch die linksventrikuläre diastolische Dysfunktion und die rechtsventrikuläre systolische Dysfunktion.

    Dr. med. Christoph Feldmann, Köln

    Kommentar

    PD Dr. med. Patrick Meybohm


    Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum Frankfurt

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    Kardiales Troponin ist ein Proteinkomplex, welcher aus den 3 Untereinheiten T, I und C (T = Tropomyosin-bindend, I = inhibitorisch, C = Kalzium-bindend) zusammengesetzt ist und von denen Troponin-T und Troponin-I speziell im Herzmuskel vorkommen. Der Nachweis eines Anstiegs einer der beiden Untereinheiten wird daher primär für die Diagnostik einer akuten Myokardischämie v. a. bei symptomatischen Patienten seit den 80-er Jahren eingesetzt. Seit wenigen Jahren sind nun hochsensitive Troponin-T-Tests (hs-TnT) verfügbar, die eine Nachweisgrenze bereits von < 5 pg/ml besitzen.


    Insbesondere durch die Anwendung von hs-TnT wurden in den letzten Jahren aber auch bei anderen Krankheitsbildern unspezifische Troponin-Erhöhungen beschrieben, z. B. bei Myokarditis, Lungenarterienembolie, septischem Schock, akutem respiratorischen Versagen, Leberversagen etc. Mögliche Erklärungsansätze hierfür könnten zum einen transiente Zellmembranschädigungen der Myokardzellen mit Freisetzung der Troponine und zum anderen direkte kardiotoxische Effekte von Endotoxinen, Zytokinen und Sauerstoffradikalen im Rahmen einer Sepsis sein.


    Die Studie beschreibt nun bei Patienten mit schwerer Sepsis / septischem Schock einen direkten Zusammenhang zwischen Erhöhung von hs-TnT sowie Einschränkungen der linksventrikulären diastolischen und rechtsventrikulären systolischen Funktion. Ebenso wird ein kausaler Zusammenhang zwischen erhöhtem hs-TnT und der Mortalität diskutiert. Zwar waren die Troponinspiegel bei verstorbenen Patienten im Mittel 8-mal so hoch wie bei den Überlebenden, die Erhöhung des hs-TnT bei verstorbenen Patienten könnte aber genauso gut „nur“ die Schwere des Gesamtkrankheitszustandes als Epiphänomen widerspiegeln. Erhöhte Werte bei verstorbenen Patienten könnten allein die Folge einer häufigeren Inzidenz eines akuten Nierenversagens sowie einer stärkeren Inflammation und einer konsekutiv stärkeren Zytokin-getriggerten myokardialen Dysfunktion sein (signifikant höhere APACHE-II-Score-Werte und signifikant mehr Patienten mit septischem Schock und Vasoplegie). Ebenso ist der Zusammenhang zwischen hs-TnT und Mortalität nur in der univariaten Analyse nachweisbar, sodass eine echte Unabhängigkeit auch in der vorliegenden Arbeit nicht aufgezeigt werden konnte. Eine wesentliche Limitation der Arbeit ist, dass die Ausgangswerte für die echokardiografischen Parameter und auch die hs-TnT-Werte nicht erhoben wurden. Daher bleibt offen , ob die beobachteten Daten tatsächlich als Sepsis-bedingt klassifiziert werden dürfen.


    Die Arbeit unterstreicht ein im Alltag häufig unterschätztes Problem: Patienten mit schwerer Sepsis / septischem Schock haben ein Risiko von 40 %!!! im Krankenhaus zu versterben; das ist fast jeder 2. Patient.


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