Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e13-e14
DOI: 10.1055/s-0038-1667906
SYMPOSIEN
Human Factors in Infection Prevention: Psychosoziale Perspektiven und Interventionen (Symposium des Arbeitskreises Sozialpsychologische Aspekte von Gesundheit und Krankheit der DGMP in Zusammenarbeit mit der AG Versorgungsforschung der DGMS)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Rolle von Gewohnheit bei der Händehygiene

S Diefenbacher
1   Ulm, Deutschland
,
J Keller
1   Ulm, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 
 

    Einleitung:

    Händehygiene ist ein Verhalten, das insbesondere im Gesundheitswesen typischerweise nebenher erfolgen muss, während eine andere Tätigkeit (z.B. Infusionswechsel) im Vordergrund steht. Daher nehmen wir an, dass Händehygiene in den meisten Fällen effizienter ausgeführt werden kann, wenn sie nicht durch deliberative, sondern durch automatische Prozesse der Verhaltensregulation gesteuert wird. Vor diesem Hintergrund wird die Rolle von Gewohnheit als potenziellem Einflussfaktor für Händehygieneverhalten untersucht.

    Material & Methoden:

    In vier korrelativen Studien erfassen wir relevante Konstrukte automatischer bzw. deliberativer Prozesse der Verhaltensregulation: Gewohnheit (verstanden als automatischer Impuls zur Verhaltensinitiierung) sowie explizite Einstellung, Wissen und Intention (als Elemente bewusster Verhaltensregulation). Händehygieneverhalten wird mittels indirektem, situationsspezifischem Selbstbericht und mit direkter bzw. videobasierter Beobachtung in zwei händehygienerelevanten Kontexten erfasst (Lebensmittelzubereitung und Patientenversorgung).

    Ergebnisse:

    Alle Studien zeigen konsistent die erwartete positive Korrelation zwischen Gewohnheit und Händehygiene. Darüber hinaus wurde Gewohnheit mit expliziter Einstellung (Studie 2 & Studie 3) sowie mit Wissen und Intention (Studie 4) verglichen und zeigte sich dabei als stärkerer Prädiktor des Händehygieneverhaltens.

    Diskussion:

    Die Befunde liefern Evidenz für die Bedeutsamkeit von Gewohnheit als potenziellem Einflussfaktor für Händehygieneverhalten. Die Gegenüberstellung von Gewohnheit als Element automatischer Verhaltensregulation mit expliziter Einstellung, Wissen und Intention als Elementen deliberativer Verhaltensregulation liefert zudem wichtige Erkenntnisse für die Gestaltung effektiver Interventionen. Die Rolle deliberativer Prozesse bei der Entstehung von Gewohnheit im Kontext von Händehygiene sollte in künftigen Studien genauer untersucht werden.

    Schlussfolgerung:

    Schulungs- und Interventionsstrategien zur Verbesserung der Händehygiene-Compliance sollten die Potenziale der automatischen Verhaltensregulation über stark ausgeprägte Gewohnheiten stärker berücksichtigen.


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