Z Gastroenterol 2019; 57(01): e87-e88
DOI: 10.1055/s-0038-1677279
5. Viral Hepatitis, Immunology
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Krankheitsverständnis und Lebensqualität von Patienten mit chronischer Hepatitis B (HBV) Infektion mit und ohne antivirale Therapie

F Piecha
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
,
A Rickert
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
,
MH Wehmeyer
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
,
A Laschtowitz
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
,
J von Felden
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
,
C Röder
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
,
JH Bockmann
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
,
S Pischke
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
,
AW Lohse
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
,
J Schulze zur Wiesch
1   I. Department of Medicine, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, Germany
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
04 January 2019 (online)

 
 

    Fragestellung:

    Patienten mit chronischer Hepatitis B (HBV) Infektion bedürfen in den meisten Fällen einer regelmäßigen lebenslangen hepatologischen Begleitung, oftmals einer medikamentösen Dauertherapie und werden in unterschiedlichen Lebensbereichen von ihrer Krankheit affektiert. Zusätzlich sind die Therapieprinzipien einer HBV Therapie für Laien nicht immer einfach verständlich. Bisher ist wenig über das generelle Krankheitsverständnis sowie die Lebensqualität von Patienten mit chronischer HBV Infektion bekannt.

    Methode: Zwischen Oktober 2017 und Mai 2018 wurde diese Querschnittsstudie mit n = 186 HBV Patienten in der Ambulanz für Virushepatitis des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf durchgeführt. Neben der Beantwortung des semiquantitativen Fragebogens zum Krankheitsverständnis („health belief Modell“) und des Fragebogens „Short-form 36“ (SF-36) zur Lebensqualität wurden objektivierbare Daten der Patienten wie die Viruslast, das Ergebnis der letzten Lebersteifigkeitsmessung sowie Laborparameter erfasst. Die Patienten hatten zudem die Möglichkeit, als Freitext ihre Therapiewünsche zu formulieren. Zusätzlich zu einer deskriptiven Auswertung wurden die Ergebnisse der Fragebögen mittels Spearman-Korrelation mit den weiteren Patientendaten in Verbindung gesetzt.

    Ergebnisse:

    Insgesamt standen n = 65/186 Patienten (35%) unter antiviraler Therapie. Die Hauptherkunftsländer der Patienten waren Deutschland (27%), Länder des Nahen und Mittleren Ostens (20%), Länder der ehemaligen UdSSR (17%), der restlichen europäischen Union (12%), Asiens (12%) und Afrikas (11%). Patienten ohne Therapie waren im Schnitt jünger (44,5 ± 12,5 vs. 50,5 ± 15,3 Jahre), häufiger weiblich (53% vs. 34%) und wiesen eine geringere Lebersteifigkeit auf (5,6 ± 6,0 vs. 8,6 ± 8,1 kPa). Insgesamt lag bei n = 13/186 (7%) der Patienten eine Leberzirrhose vor.

    Patienten ohne Therapie schätzten die HBV Infektion nur etwas weniger häufig als schwere Erkrankung ein als Patienten unter antiviraler Therapie (49% vs. 58%). Dafür schätzten Patienten unter antiviraler Therapie die Wahrscheinlichkeit, an einer Leberzirrhose oder an einem hepatozellulärem Karzinom (HCC) zu erkranken, häufiger als „hoch“ ein (30% vs. 16% bezüglich einer Leberzirrhose, bzw. 25% vs. 14% bezüglich eines HCC). Im Freitext gaben als Behandlungswunsch Patienten ohne antivirale Therapie vordergründig eine gute Überwachung mit frühzeitiger Erkennung laborchemischer Veränderungen an (n = 43/76, 57%), wohingegen die häufigste Nennung bei Patienten unter antiviraler Therapie eine komplette Heilung der HBV Infektion war (n = 16/36, 44%). Die anhand des SF-36 erfasste Lebensqualität war in beiden Gruppen vergleichbar und deutete nicht auf eine überdurchschnittliche Depressivität hin. Die Korrelationsanalyse der Antworten im Fragebogen mit den objektivierbaren Befunden ergab keinen Zusammenhang.

    Schlussfolgerung:

    Patienten unter antiviraler Therapie schätzen die Gefährlichkeit einer HBV Infektion sowie die Möglichkeit, weitere Komplikationen wie eine Leberzirrhose oder ein HCC zu erleiden, höher ein und wünschen sich häufiger eine Heilung als Therapieziel. Dabei erscheinen die individuellen Einschätzungen unabhängig von objektivierbaren Befunden wie Viruslast oder Lebersteifigkeit. Die hier erhobenen Ergebnisse zum Krankheitsverständnis und den Therapiewünschen sind auch wichtig zur Einschätzung der Akzeptanz zukünftiger kurativer Therapieansätze.


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