Z Gastroenterol 2019; 57(06): e181
DOI: 10.1055/s-0039-1688880
Kategorie: Der interessante Fall
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schwere immunvermittelte Hepatitis nach Ipilimumab-/Nivolumab-Therapie bei metastasiertem malignem Melanom

H Bourhis
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
M Köpke
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
P Delker
3   Klinikum der Universität München
,
A Benesic
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
F Reiter
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
S Hohenester
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
H Bauer
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
S Munker
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
C Haas
2   Klinikum der Universität München, Campus Innenstadt, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
,
C Schulz
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
C Berking
2   Klinikum der Universität München, Campus Innenstadt, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
,
H Török
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
M op den Winkel
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
E de Toni
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
C Steib
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
G Sauter
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
AL Gerbes
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
J Mayerle
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
,
G Denk
1   Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II, Campus Großhadern, Leber Centrum München
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Further Information

Publication History

Publication Date:
28 May 2019 (online)

 
 

    Hintergrund:

    Der große Erfolg der Checkpoint-Inhibitoren (CPI) bei der Therapie des metastasierten malignen Melanoms (MM) stellt einen Meilenstein der Immuntherapie dar. Gleichzeitig können durch die Aufhebung der tumorzellinduzierten T-Zell-Hemmung schwere immunvermittelte Organschäden hervorgerufen werden. So kommt es bei bis zu 95 Prozent der Patienten mit MM unter kombinierter Immuntherapie mit Ipilimumab und Nivolumab zu Therapie-assoziierten unerwünschten Ereignissen (AE), wobei 55% AEs von Grad 3 oder mehr entwickeln.

    Methoden:

    Wir präsentieren hier den Fall einer 53-jährigen Patientin, die uns im März 2018 mit dem Bild einer fulminanten Hepatitis durch die Kollegen der Dermatoonkologie vorgestellt wurde. Unter kombinierter CPI-Therapie mit Ipilimumab 3 mg/kg sowie Nivolumab 1 mg/kg (11/2017 bis 02/2018, alle 3 Wochen) war es bei nodal, pulmonal, hepatisch sowie kutan metastasiertem MM (ED 11/2017, pT2a N1a M1c, Stadium IV) zu einer zunehmenden Leberinsuffizienz zeitgleich mit weiteren immunvermittelten Organbeeinträchtigungen (Pankreatitis, Duodenitis, Colitis) gekommen. Bei fehlendem Ansprechen auf eine Steroidtherapie in Kombination mit Mycophenolat-Mofetil (MMF) erfolgte die Vorstellung.

    Ergebnisse:

    Bei Aufnahme in unsere Klinik sahen wir eine deutlich ikterische, jedoch nicht-enzephalopathische Patientin mit gemischt hepatitischem/cholestatischem Labormuster (GPT 416 U/l, GOT 146 U/l, Bilirubin 22,7 mg/dl, gGT 2550 U/l, alkalische Phosphatase 834 U/l) sowie partiell eingeschränkter Lebersynthesefunktion (Albumin 3 g/dl, Quick 41%, Faktor V > 150%). Unter intravenöser Vitamin-K-Substitution zeigte sich eine rasche Normalisierung des Quickwerts. Eine Hepatopathieabklärung ergab keinen Anhalt für eine klassische autoimmune, cholestatische, virale oder metabolische Genese. Histologisch zeigte sich eine ausgeprägte granulomatöse Hepatitis mit nicht sicher benennbarer Ursache, welche differentialdiagnostisch mit der Ipilimumab-/Nivolumab-Therapie assoziiert wurde, jedoch auch durch einen Melanomzerfall unter Therapie bei fehlendem Melanomnachweis vereinbar war. Hinweise für eine typische Autoimmunhepatitis oder primär biliäre/sklerosierende Cholangitis waren histologisch nicht zu vermerken. Wiederholte Sonografien sowie eine MRCP ergaben keinen Anhalt für eine makroskopische extra- oder intrahepatische Cholestase. Bei V.a. immunvermittelte Hepatitis und nachweislicher Reaktion auf Nivolumab im MetaHeps® Test (am Klinikum entwickeltes experimentelles Testverfahren zur Untersuchung einer medikamentös induzierten Leberschädigung) leiteten wir bei ausbleibendem Ansprechen auf eine hochdosierte Steroidtherapie in Kombination mit MMF sowie Tacrolimus eine kombinierte immunmodulierende Therapie mit Sirolimus (initialer Sirolimus-Zielspiegel 10 – 12 ng/ml) und Prednisolon ein. Unter dieser Therapie kam es u.a. zu einer atypischen CMV-Pneumonie mit nichtinvasiver Beatmungsnotwendigkeit, Pruritus, Arthralgien, Dysgeusie, Gewichtsverlust und ausgeprägter Pseudohyponatriämie bei Hypertriglyzeridämie (DD CPI-induzierte Nebenwirkungen), jedoch auch zu einer zunehmenden Allgemeinzustandsverbesserung mit langsamen Leberwertabfall. Wir konnten die Steroidtherapie daher nach und nach ausschleichen und den Sirolimus-Zielspiegel zuletzt auf 6 – 10 ng/ml absenken. Zwischenzeitlich erfolgte Staginguntersuchungen erbrachten erfreulicherweise keinen Anhalt für eine Tumorprogression trotz bestehender Therapiepause seit 02/2018. Die Patientin hat zwischenzeitlich wieder ihre Arbeit mit reduzierter Stundenzahl aufgenommen.

    Schlussfolgerung:

    Eine CPI-Therapie birgt das Risiko unterschiedlicher immunvermittelter Reaktionen, welche teils fulminant verlaufen können. Bei Steroidrefraktärität sind Behandlungsversuche mit MMF, Tacrolimus bzw. Antithymozytenglobulin beschrieben worden; insgesamt besteht jedoch ein Bedarf an weiteren therapeutischen Strategien. In diesem Fallbericht war eine kombinierte immunsuppressive Therapie mittels Sirolimus und Prednisolon in der Lage, eine Ipilimumab-/Nivolumab-induzierte schwerwiegende Hepatitis bei metastasiertem MM einzudämmen.


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