Z Gastroenterol 2019; 57(09): e189
DOI: 10.1055/s-0039-1695112
Ösophagus und Magen
Malignome im Ösophagus: Molekularbiologie – Tumorgenese: Donnerstag, 03. Oktober 2019, 14:05 – 15:17, Studio Terrasse 2.1 B
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Individuelle Behandlungsmöglichkeiten und Nachweis einer hohen Inzidenz von Keimbahnmutationen durch „Next Generation Sequencing“ fortgeschrittener gastrointestinaler Tumore

M Bitzer
1   Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Innere Medizin I, Tübingen, Deutschland
,
L Ostermann
1   Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Innere Medizin I, Tübingen, Deutschland
,
M Horger
2   Universitätsklinikum Tübingen, Department für Diagnostische Radiologie, Tübingen, Deutschland
,
S Biskup
3   CeGaT GmbH, Tübingen, Deutschland
,
K Ruhm
4   Universitätsklinikum Tübingen, Zentrum für Personalisierte Medizin, Tübingen, Deutschland
,
F Hilke
5   Institut für Medizinische Genetik und angewandte Genomik, Tübingen, Deutschland
,
O Riess
5   Institut für Medizinische Genetik und angewandte Genomik, Tübingen, Deutschland
,
L Zender
6   Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Innere Medizin VIII, Tübingen, Deutschland
,
G Tabatabai
7   Universitätsklinikum Tübingen, Interdisziplinäre Neuroonkologie, Tübingen, Deutschland
,
J Beha
4   Universitätsklinikum Tübingen, Zentrum für Personalisierte Medizin, Tübingen, Deutschland
,
NP Malek
1   Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Innere Medizin I, Tübingen, Deutschland
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
13 August 2019 (online)

 
 

    Einleitung:

    Personalisierte Medizin (PM) nutzt komplexe diagnostische Verfahren zur Identifizierung von Behandlungsoptionen. Für onkologische Patienten werden zunehmend interdisziplinäre Molekulare Tumorboards (MTB) etabliert. Bisher mitgeteilte Fallserien enthielten zahlreiche unterschiedliche Tumorentitäten, für gastrointestinale (GI-) Tumore sind keine größeren Kollektive berichtet worden.

    Ziele:

    Diese retrospektive Studie untersucht den Einfluss von „Next Generation Sequencing“ bei fortgeschrittenen GI-Tumoren.

    Methodik:

    96 Patienten mit GI-Tumoren wurden im MTB der Universität Tübingen zwischen 04/16 und 02/18 mit Panel- oder Exomsequenzierung des Tumorgenoms vorgestellt. Interdisziplinäre Präsenztreffen prüften Ergebnisse auf Einschluss in Studien, In-Label, Off-Label oder individuelle experimentelle Therapieoptionen. Klinische Verläufe, radiologisches Ansprechen, Progressions-freies (PFS) und Gesamtüberleben (OS) wurden erfasst.

    Ergebnis:

    96 Tumore wurden mit Panel- (337 – 710 Gene) oder Exomsequenzierung untersucht. 19 Patienten (20%) zeigten relevante Keimbahnmutationen (pathogenic, likely pathogenic, pharmacogenomic). Die Mutationslast (TMB) variierte zwischen den unterschiedlichen Tumoren erheblich mit der höchsten medianen TMB bei CRC mit 6,3 Var/Mb. Eine Therapieempfehlung erfolgte bei 40 Patienten (42%), 25 Patienten (26%) hatten Zugang zu empfohlenen Medikamenten und wurden nach MTB behandelt. Für 20 unter Therapie war ein ausführliches Response-Monitoring möglich mit 3 partiellen Remissionen (PR), 6 stabilen (SD) und 11 progredienten (PD) Verläufen. Eine Kaplan-Meier Analyse für Patienten, die als Ansprechen eine PR/SD erreichten im Vergleich zu PD ergab ein signifikant verbessertes medianes PFS mit 7,8 (95%CI; 4,2 – 11,4) vs. 2,2 (95%CI; 1,5 – 2,8) Monaten (p < 0,001) und ein medianes OS mit 18,0 (95% CI; 10,4 – 25,6) vs. 3,8 (95% CI; 2,3 – 5,4) Monaten (p < 0,001).

    Schlussfolgerung:

    GI-Tumore stellen eine wichtige Gruppe für Therapieansätze im Bereich PM dar. Relevante Keimbahnmutationen treten häufiger auf als bisher im klinischen Alltag erfasst. Einzelne Patienten profitieren erheblich von der MTB empfohlenen Therapie. Die kontinuierliche Weiterentwicklung komplexer diagnostischer Verfahren und ihrer Interpretation eröffnet neue Perspektiven im klinischen Alltag.


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