Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(S 01): E86
DOI: 10.1055/s-0039-3401266
ePoster
ePoster Sitzung 2.6: Interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Perinatalmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Normale fetale Lungenentwicklung bei Einlingsschwangerschaft mit beidseitiger Nierenagenesie – Ein Paradoxon?

J Brandner
1   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Division für Neonatologie, Salzburg, Österreich
,
M Wald
1   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Division für Neonatologie, Salzburg, Österreich
,
E Hofstätter
1   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Division für Neonatologie, Salzburg, Österreich
,
L Auer-Hackenberg
1   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Division für Neonatologie, Salzburg, Österreich
,
M Edelbauer-Wechselberger
2   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Salzburg, Österreich
,
W Sperl
2   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Salzburg, Österreich
,
C Schimke
3   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, Salzburg, Österreich
,
R Metzger
3   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, Salzburg, Österreich
,
J Huber-Katamay
4   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Salzburg, Österreich
,
C Fazelnia
4   Universitätsklinikum Salzburg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Salzburg, Österreich
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Publication History

Publication Date:
27 November 2019 (online)

 
 

    Einleitung:

    Neonatale Morbiditätsraten bei bilateraler Nierenagenesie werden immer noch bis 100% geschätzt – in erster Linie aufgrund respiratorischen Versagens infolge fehlender Lungenentwicklung bei Anhydramnie/schwerer Oligohydramnie. Bei pränataler Diagnose wird deshalb mit den Eltern zumeist eine „comfort-care-Versorgung“ des Neugeborenen, aber auch die Möglichkeit einer Abruptio besprochen. Wir präsentieren den Fall eines Neugeborenen, das trotz bestätigter beidseitiger Nierenagenesie eine fast normale Lungenfunktion entwickelte. Unseres Wissens nach ist dies erst der zweite in der Literatur bekannte Fall.

    Fallbericht:

    Pränataldiagnostisch besteht mit 19 SSW der dringende V.a. eine bilaterale Nierenagenesie mit schwerem Oligohydramnion. Die Eltern entscheiden sich gegen eine Abruptio. Mit 31 SSW ist überraschenderweise wieder Fruchtwasser (FW) darstellbar. In einem fetalen MRT wird der V.a. eine Hufeisenniere mit hoher ureteraler Obstruktion gestellt. Mit 34 SSW befindet sich die FW-Menge im unteren Normbereich, Magen und Harnblase sind aber nicht darstellbar. Aufgrund der unklaren Situation wird wieder auf ein „aktives“ postnatales Managment gewechselt. Die Entbindung erfolgt nach 35 SSW per Sectio aufgrund eines vorzeitigen Blasensprunges. Die respiratorische Stabilisierung des Kindes ist erfolgreich. Nach vorübergehender Anwendung von inhalativem NO und Sildenafil zeigt das Kind eine anhaltend suffiziente Spontanatmung. Ein postnatales MRT bestätigt die Diagnose einer beidseitigen Nierenagenesie, zeigt aber auch eine Duodenalatresie, weitere Dünndarmstenosen sowie ein kaudales Regressionssysndrom – die „Hufeisenniere mit Obstruktion“ ist retrospektiv als „Double-Bubble“ zu interpretieren. Eine bei erwartungsgemäß persistierender Anurie begonnene Peritonealdialyse gelingt gut.

    In wiederholten multidisziplinären Gesprächen wird mit den Eltern aber angesichts der doch deutlich eingeschränkten (Langzeit)prognose von chirurgischer und nephrologischer Seite ein palliativer Therapieweg beschlossen.

    Diskussion:

    Wahrscheinlich bestand im Verlauf eine für eine zufriedenstellende Lungenentwicklung ausreichende FW-Menge durch das unzureichende Verschlucken von FW vor dem Hintergrund der Duodenalatresie. Eine andere Erklärung für das postnatale Bild einer beidseitigen Nierenagenesie mit zuvor ausreichender FW-Menge wäre eine später in der Schwangerschaft aufgetretene arterielle Minderversorgung des Beckenstromgebietes, wozu auch der Befund des kaudalen Regressionssyndroms passen würde.

    Jedenfalls könnte unser Fall dazu beitragen, die generell schlechte Prognose einer pränatal diagnostizierten beidseitigen Nierenagenesie mit Folgen für das prä- wie postnatale Managment zu diskutieren.


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