Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(01): 15
DOI: 10.1055/s-0040-100409
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Intensivmedizin: Glutamingabe bei kritisch Kranken ist eingeschränkt sinnvoll

Susanne Meinrenken
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Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen

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Publication Date:
12 January 2015 (online)

 

    Bei kritisch Kranken sind die Glutaminspiegel erniedrigt, was auf einen erhöhten Bedarf hindeutet. Studien zufolge könnte eine Glutamingabe die Infektions- und Mortalitätsrate senken. Tao et al. haben diesen Zusammenhang untersucht.


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    Einleitung: Bei kritisch Kranken sind die Glutaminspiegel erniedrigt, was auf einen erhöhten Bedarf hindeutet. Studien zufolge könnte eine Glutamingabe die Infektions- und Mortalitätsrate senken. Tao et al. haben diesen Zusammenhang untersucht.

    Studien: 53 (quasi-)randomisierte klinische Studien mit 4671 Teilnehmern wurden in das Review eingeschlossenen. Die Probanden waren kritisch krank oder unterzogen sich einer großen Operation. Alle Studien untersuchten die Gabe von Glutamin vs. keine Supplementierung oder Placebo. Ziel des Reviews war es u. a., den Effekt einer Glutamin-Supplementierung auf Infektionen und Mortalität zu beurteilen.

    Ergebnisse: 33 Studien enthielten Daten zu nosokomialen Infektionen. Die Ergebnisse der Metaanalyse deuteten darauf hin, dass sich durch Glutamin die Infektionsrate reduzieren lässt (relatives Risiko 0,79; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,71–0,87). Patienten, die Glutamin erhielten, mussten nicht so lange stationär behandelt werden wie die Kontrollgruppen (36 Studien, durchschnittliche Reduktion um 3,46 Tage; 95 %-KI -4,61 bis -2,32). Außerdem mussten Patienten der Glutamingruppen im Mittel 0,69 Tage kürzer beatmet werden (14 Studien; 95 %-KI -1,37 bis -0,02). Die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation war jedoch um durchschnittlich 0,18 Tage länger (22 Studien; 95 %-KI 0,07 – 0,29). Daten zur Kurzzeit-Mortalität (< 1 Monat) lieferten 36 Studien: Die kombinierte Mortalitätsrate unterschied sich nicht statistisch signifikant zwischen den Studienarmen mit / ohne Glutamin-Supplementierung. Das gleiche galt für die Langzeit-Mortalität (> 6 Monate; 11 Studien). Zu unerwünschten Wirkungen und Lebensqualität lassen sich keine klaren Aussagen machen. In Sensitivitätsanalysen, die nur Studien mit geringem Biasrisiko einschlossen, blieb der Vorteil der kürzeren stationären Behandlung durch Glutamin bestehen. Bezüglich der anderen Endpunkte ließen sich keine statistisch signifikanten Unterschiede beobachten.

    Auf Basis moderater Evidenzqualität reduziert eine Glutamingabe die Infektionsrate und Beatmungsdauer. Die Qualität der Evidenz dafür, dass Glutamin die Dauer des Krankenhausaufenthalts verkürzt, war gering. Auf die Mortalität und die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation scheint die Therapie kaum einen / keinen Effekt zu haben. Aufgrund des recht hohen Biasrisikos und der Heterogenität der ausgewerteten Studien schränken die Autoren die Aussagekraft ihrer Ergebnisse ein.


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    Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen