Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(07)
DOI: 10.1055/s-0040-1713992
Geburtshilfe und Pränataldiagostik

Beckenboden und Sexualfunktion bei Frauen 6 Monate postpartal. Eine prospektive Studie mit 200 Teilnehmerinnen

Schütze S*
M Heinloth
Universitätsfrauenklinik Ulm; *geteilte Erstautorenschaft
,
M Tzschaschel
Universitätsfrauenklinik Ulm; *geteilte Erstautorenschaft
,
W Janni
Universitätsfrauenklinik Ulm; *geteilte Erstautorenschaft
,
M Deniz
Universitätsfrauenklinik Ulm; *geteilte Erstautorenschaft
› Author Affiliations
 
 

    Zielsetzung: Ziel dieser Studie war es, sowohl die Beckenbodenfunktion als auch das Sexualleben 6 Monate postpartal zu erheben. Es ist bekannt, dass eine Schwangerschaft und eine Entbindung einen erheblichen Einfluss auf den Beckenboden und auf das postpartale Sexualleben haben. Beide Themenbereiche sind weiterhin tabuisiert und damit von großem Interesse, um Frauen auch in diesen Bereichen postpartal adäquat mitbetreuen zu können.

    Material und Methoden: Es wurden 200 Primipara eingeschlossen und 6 Monate postpartal nachuntersucht. Die Teilnehmerinnen erhielten den „Beckenbodenfragebogen für Schwangere, Frauen nach Geburt“ (je niedriger desto weniger Beschwerden) und den „Female Sexual Function Index“- Fragebogen (je höher desto weniger Beschwerden). Zusätzlich erhielten sie eine Untersuchung zur Beurteilung eines Deszensus, der Beckenbodenkontraktilität und einer Belastungsinkontinenz.

    Ergebnisse Insgesamt haben 56% spontan entbunden, 23% per Vakuumextraktion und 21% mit Sectio. Es zeigte sich eine Belastungsinkontinenz bei 41%, eine Senkung bei 67% und eine Windinkontinenz bei 62%. Eine Vakuumextraktion ging mit einer höheren Rate an Belastungs-, Windinkontinenz einher. Die Sectio wies den niedrigsten Beckenboden-Gesamtscore auf und somit die wenigste Beeinträchtigung. Von den befragten Frauen gaben 11% an, nicht sexuell aktiv zu sein, 51% selten und 38% regelmässig. Es wurde ein durchschnittlicher FSFI Score von 22.02 (maximal 36) angegeben. Im Bereich der Schmerzempfindung in den letzten 4 Wochen gaben 22% keinen Geschlechtsverkehr an, 31% „fast nie oder nie“ Schmerzen und 47% Schmerzen. In Bezug auf den Entbindungsmodus zeigte der Spontanpartus den höchsten Gesamtscore (Spontanpartus 22,5; Sectio 21,8; Vakuumextraktion 20,7).

    Zusammenfassung: Diese Daten zeigen eine deutliche Beeinträchtigung des Beckenbodens und der Sexualfunktion. Es konnten deutliche Beckenbodendysfunktionen aufgezeigt werden, weshalb die frühzeitige Diagnostik notwendig ist, um protektiv die Frauen unterstützen zu können. Im Bereich der Sexualität zeigt sich eine schwere sexuelle Dysfunktion bei den Frauen sowie ein hoher Anteil mit Dyspareunie. Diese Studie unterstreicht die Notwendigkeit, diese weiterhin tabuisierte Themenbereiche in die postpartale Betreuung einzubauen und Unterstützung anzubieten.


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    Publication History

    Article published online:
    14 July 2020

    Georg Thieme Verlag KG
    Stuttgart · New York