Zeitschrift für Palliativmedizin 2020; 21(05): e44
DOI: 10.1055/s-0040-1715073
Projekte/Best Practice
Stationäre Patientenversorgung

„Mit diesen Händen möchte ich nicht leben“ – Ein Fall von paraneoplastischem Pemphigoid am Lebensende [132]

S Weber
1   Klinik für Palliativmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Deutschland
2   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Deutschland
,
F Elsner
1   Klinik für Palliativmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Deutschland
,
R Rolke
1   Klinik für Palliativmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Deutschland
› Institutsangaben
 
 

Idee/Ziel Eine 76-jährige Patientin mit einem paraneoplastischen Pemphigoid (PNP) bei metastasiertem Pankreaskarzinom stellt sich mit mazerierten Händen, Mund- und Zungenschleimhaut vor. Es bestehen eine ausgeprägte Schwäche, Schmerzen, Niedergeschlagenheit und ein Sterbewunsch. Ziel war es, die Wundheilung zu verbessern und die damit verbundenen Symptome zu lindern.

Intervention PNP ist ein sehr seltenes paraneoplastisches Syndrom (nur ca. 300 beschriebene Fälle), das durch eine humorale und zelluläre Autoimmunreaktion auf eine Neoplasie entstehen kann [1]. Da das PNP bisher nicht auf Kortikosteroide angesprochen hatte und die Patientin keine krankheitsmodifizierende Therapie wünschte, setzten wir nach Literaturrecherche off-label Mycofenolatmofetil (MMF) in einer reduzierten Dosis ein [2].

Erfahrungen/Ergebnisse 2 Wochen nach Therapiestart mit MMF konnten die Kortikosteroide schrittweise von 100 mg/Tag auf 20 mg/Tag reduziert werden. Die Haut und Schleimhaut waren nahezu vollständig abgeheilt. Die medikamentöse Schmerztherapie konnte beendet werden. Die Patientin gewann an Lebensqualität, der Sterbewunsch bestand zur Verlegung ins Hospiz nicht mehr. Nach 4 Wochen Therapie mit MMF ist folgender Visiteneintrag dokumentiert: „Patientin tanzt mit Physio auf dem Flur“.

Diskussion der Übertragbarkeit Wir berichten den ersten uns bekannten Fall eines PNP, das mit einer reduzierten Dosis von MMF (1000 mg/Tag) behandelt wurde und neben der Wundheilung einen deutlichen Zuwachs an Lebensqualität verzeichnete. MMF ist europaweit verfügbar und führt zu einer Einsparung der Kortikoiddosis und den damit verbundenen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW).

Take Home Message Paraneoplastische Phänomene am Lebensende erfordern eine Adaptation an Patientenwünsche und die Anforderungen der Palliativversorgung.

Offenlegungserklärung Es bestehen keine Interessenskonflikte der Autoren. Die Patientin stimmte der Veröffentlichung und der Fotos schriftlich zu.

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Abb. 1 Vor MMF
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Abb. 2 Nach MMF

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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
31. August 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York


 
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Abb. 1 Vor MMF
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Abb. 2 Nach MMF