Hamostaseologie 2020; 40(S 01): S33-S52
DOI: 10.1055/s-0040-1721574
IV. Hämophilie Teil I

Dokumentationsqualität und Therapieadhärenz: Daten der Haemoassist-Community

Andreas Tiede
1   Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation, Medizinische Hochschule Hannover, Germany
,
Georg Gold
2   Institut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin, Universitätsklinikum, Bonn, Germany
,
Monika Sparber-Sauer
3   Olgahospital, Stuttgart, Germany
,
Susan Halimeh
4   Gerinnungszentrum Rhein/Ruhr, Duisburg, Germany
,
Daniela Adolf
5   StatConsult, Magdeburg, Germany
,
Martin Hukauf
5   StatConsult, Magdeburg, Germany
,
Jan Reichmann
5   StatConsult, Magdeburg, Germany
,
Johannes Oldenburg
2   Institut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin, Universitätsklinikum, Bonn, Germany
› Author Affiliations
 
 

    Haemoassist® ist ein elektronisches Dokumentations system zur Erfassung von Therapiedaten und Blutungsereignissen bei Patienten mit Hämophilie und anderen Störungen der Hämostase. Das System ist für die primäre Datenerhebung und Weiterleitung an das Deutsche Hämophilieregister (DHR) geeignet. Die Zahl der teilnehmenden Patienten überstieg im Jahr 2019 erstmal 1000 in Deutschland; die Gesamtzahl der Patienten in Europa beträgt ca. 1600. Wir haben die Qualität der Datendokumentation bei 796 Patienten von 10 deutschen und spanischen Zentren untersucht.

    Eingeschlossen wurden nur Patienten mit Hämophilie A oder B oder von-Willebrand-Er- krankung, die das System seit mindestens 3 Monaten nutzten. Die annualisierte Zahl der dokumentierten Therapieereignisse war in den ersten 3 Monaten (148 ± 119 Einträge) ähnlich wie in den letzten 3 Monaten (138±109) der Nutzung und unterschied sich nicht signifikant zwischen Patienten, die das System seit <1 Jahr, 1-2 Jahre, 2-3 Jahre oder länger als 3 Jahre genutzt hatten. Die Zahl der dokumentierten Ereignisse (Blutungen, Pro- phylaxe-Behandlungen) entsprach der Er- wartung der Häufigkeiten solcher Ereignisse bei Patienten mit schwerer, moderater bzw. milder Hämophilie. Eine Therapie wurde im Median 4 h nach ihrer Durchführung doku- mentiert, wobei die Dokumentation über die Smartphone-App wesentlich prompter erfolgte als über den Internetbrowser. Akute Blutungen wurden schneller dokumentiert als prophylaktische Injektionen. In einer Subgruppe von 202 Patienten, für die im System ein regelmäßiges Prophylaxe-Regime für mehr als 3 Monate hinterlegt war, konnte die Adhärenz zu diesem Schema ermittelt werden. Die meisten dieser Patienten hat- ten eine schwere Hämophilie A (79%) oder B (7%). Tatsächlich durchgeführte Injektionen wurden in einem hierarchischen Verfahren den geplanten Infusionszeitpunkten zuge- ordnet. Ausgedrückt als Anteil der durchge- führten von den geplanten Infusionen, be- trug die Adhärenz durchschnittlich 83% und veränderte sich dabei nur wenig mit steigen- der Therapiedauer im Regime: 3-<6 Monate (n = 31, Adhärenz 80%), 6-<12 Monate (n = 60, 84%) ≥12 Monate (n = 111, 83%). Das mediane Zeitintervall zwischen geplanter und tatsächlich erfolgter Substitution betrug ±2 Stunden. 84% der dokumentierten Prophyla- xen erfolgten innerhalb von 12 Stunden vor oder nach dem geplanten Zeitpunkt.

    Zusammenfassend dokumentierten die hier untersuchten Patienten Therapie- und Blu- tungsereignisse überwiegend zeitnah und in der zu erwartenden Häufigkeit, was als Hinweis auf eine gute Qualität der elektro- nischen Dokumentation zu werten ist. Die Adhärenz zu einem hinterlegten Prophyla- xe-Regime war mit 83% hoch und über die Zeit weitgehend konstant. Haemoassist® ist deshalb ein wichtiges Werkzeug zur Weiter- entwicklung der Therapie- und Dokumenta- tionsqualität in der Hämophilie.


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    Publication History

    Article published online:
    13 November 2020

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