Hamostaseologie 2020; 40(S 01): S33-S52
DOI: 10.1055/s-0040-1721587
VIII. Hämophilie Teil II

Hämophilietherapie im Wandel: Auswirkungen auf das Gerinnungslabor

Jens Müller
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn [IHT],Bonn, Germany
,
Claudia Klein
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn [IHT],Bonn, Germany
,
Georg Goldmann
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn [IHT],Bonn, Germany
,
Natascha Marquardt
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn [IHT],Bonn, Germany
,
Silvia Horneff
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn [IHT],Bonn, Germany
,
Alexa Kersten
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn [IHT],Bonn, Germany
,
Johannes Oldenburg
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn [IHT],Bonn, Germany
,
Bernd Pötzsch
1   Institut für Exp. Hämatologie und Transfusionsmedizin, Uniklinikum Bonn [IHT],Bonn, Germany
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    Hintergrund Die Therapie der Hämophilie A (HA) und B (HB) befindet sich durch die Einführung von Faktorenkonzentraten mit verlängerter Halbwertszeit (extended half-life [EHL]), durch den FVIIIa-mimetischen Antikörper Emicizumab und durch die Verfügbarkeit von porcinem FVIII (Obizur) sowie durch die Einführung von gentherapeutischen Protokollen in einem tiefgreifenden Wandel. Diese unterschiedlichen Therapieoptionen haben direkte Auswirkungen auf das laboranalytische Vorgehen. Beispielsweise unterscheiden sich die modifizierten Moleküle von den zur Testkalibration eingesetzten FVIIIbzw. FIX-Präparationen. Dies kann zu Fehlbestimmungen/-interpretationen führen. Am Beispiel eines Gerinnungslabors der Maximalversorgung sollen die notwendigen Anpassungen im laboranalytischen Spektrum und in der Präanalytik aufgezeigt werden.

    Methoden Das in der Hämophilie-Diagnostik und im Therapiemonitoring eingesetzte laboranalytische Spektrum des Instituts für experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin (IHT) wird im 10-Jahresvergleich dargestellt. Ein Schwerpunkt wird auf das Monitoring der EHL-Produkte und von Emicizumab gelegt.

    Ergebnisse Im praktischen Alltag hat sich eine produkt-spezifische Zuordnung einzelner Testverfahren zu den jeweiligen Faktorenkonzentraten bewährt: ADYNOVI®: FVIII-chromogener Assay (FVIII-CSA); AFSTYLA®: FVIII-CSA; ELOC-TA®: Actin FS-basierter FVIII-one-stage clotting assay (FVIII-OSC); Esperoct®: Actin FS-basierter FVIII-OSC; Jivi®: FVIII-CSA; Obizur®: Actin FS-basierter FVIII-OSC. HEMLIBRA®: modifizierter Actin FS-basierter OSC (r2 Diagnostics). Die Bestimmung der FVIIIAktivitäten im Rahmen des Nijmegen-Bethesda-Assays (NBA) zum Nachweis von FVIII-Hemmkörpern bei Patienten unter Therapie mit HEMLIBRA® erfolgt mit einem auf bovinen Faktoren basierenden FVIII-CSA. Die generelle Unterbewertung von Obizur® durch chromogene Testverfahren macht den Einsatz eines Actin-FS-basierten FVIII-OSC zur Bestimmung der Kreuzreaktivität von FVIII- Hemmkörpern gegen Obizur® erforderlich.

    Schlussfolgerungen Die Einführung von EHL und von alternativen Behandlungsstrategien macht die Etablierung von produktspezifischen Anforderungsprofilen erforderlich. Im 10-Jahresvergleich ist die Anzahl der erforderlichen Testkonfigurationen angestiegen und die Bedeutung des FVIII-CSA hat deutlich zugenommen.


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    Publication History

    Article published online:
    13 November 2020

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