Osteologie 2021; 30(01): 69
DOI: 10.1055/s-0040-1722133
2. Abstracts

Unbehandelte Osteoporose-Patienten in Deutschland – Frakturraten, Hospitalisierungen und die Belastung für das Gesundheitssystem; Eine InGef Krankenkassen-Datenbankanalyse

W Böcker
1   Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum der Universität München, München
,
U Doobaree
2   Certara – Evidence & Access (Analytica LASER), London
,
A Khachatryan
2   Certara – Evidence & Access (Analytica LASER), London
,
E Dornstauder
3   Amgen GmbH, München
,
G Worth
4   Amgen (Europe) GmbH, Rotkreuz
,
DA Kahangire
4   Amgen (Europe) GmbH, Rotkreuz
› Institutsangaben
 
 

    Einleitung Verschiedene Erhebungen und Studien der vergangenen Jahre zeigten, dass viele Patienten mit Osteoporose trotz Diagnose keine spezifische Behandlung und Nachsorge erhalten. Diese Studie untersucht die Folgen einer nicht behandelten Osteoporose. Dazu wurde retrospektiv die InGef (Institut für angewandte Gesundheitsforschung) Krankenkassendatenbank analysiert. Ziel der Studie war es, Patienten mit Osteoporose genauer zu charakterisieren, sowie resultierende Frakturen und Kosten zu erfassen.

    Methode Eingeschlossen wurden unbehandelte Patienten mit Osteoporose (≥ 70 Jahre) aus der InGef Datenbank (2011-2016). Die Identifizierung erfolgte über Osteoporose-spezifische ICD10-Codes (M80/M81) oder eine initiale osteoporoseassoziierte Fraktur zum Indexzeitpunkt. Anschließend wurde das erneute Auftreten von Frakturen nach dem Indexzeitpunkt sowie deren direkte Kosten (ambulante und stationäre Behandlung, Kosten für Medikamente und Pflege) untersucht.

    Ergebnisse In die Studie eingeschlossen wurden 144.752 Patienten (MW Alter = 78 Jahre; 73 % weiblich; mediane Beobachtung = 3,2 Jahre). Davon wiesen 23 % Frakturen, 48 % kardiologische Erkrankungen, 32 % Diabetes und 27 % zerebrovaskuläre Erkrankungen in der Vorgeschichte auf. 30 % der Patienten erlitten im Laufe der Studie eine Fraktur, die zu einer Hospitalisierung führte. Diese gliederten sich der Häufigkeit nach in Wirbelsäulen- (12 %), Unterarm- (12 %) und Oberschenkelfrakturen (10 %). In 7 % der Patienten wurden zwei oder mehr Frakturen nach dem Indexzeitpunkt verzeichnet. Der mediane Zeitraum von Studienbeginn bis zur ersten Fraktur betrug 145,5 Tage und 270,5 Tage für den Zeitraum von erster Fraktur bis zur zweiten Fraktur. 15 % (21.879) wurden aufgrund einer Osteoporose mit Fraktur hospitalisiert,1 % (1.658) der Patienten aufgrund einer Osteoporose ohne Fraktur. Die mediane Anzahl von stationären und ambulanten Aufenthalten lag jeweils bei 2 bzw. 13 je Patient. Die mediane Länge des stationären Aufenthalts der Patienten mit Frakturen betrug 12 Tage. Während der Beobachtungszeit verstarben 24 % (34.762) der Patienten. Nur bei 11 % (5.446) der Patienten wurde trotz einer diagnostizierten Osteoporose oder osteoporoseassoziierten Fraktur eine spezifische Osteoporose-Therapie initiiert. Insgesamt versursachte die Behandlung von Osteoporose und Fragilitätsfrakturen Kosten in Höhe von 300 Millionen Euro.

    Diskussion In unserer Kohorte zeigte sich, dass in Deutschland bei bekannter Osteoporose und trotz hoher Frakturraten (30 % im Beobachtungszeitraum) nur jeder 10. Patient eine Osteoporose-spezifische Therapie erhält. Daraus resultieren frakturspezifische Hospitalisierungen mit einer langen Liegedauer und hohe Gesamtkosten für das Gesundheitssystem. Fortschritte in der Osteoporose-Behandlung sind nötig für eine bessere Versorgung und eine Entlastung des Gesundheitssystems.

    Keywords Osteoporose, Fraktur, Behandlung, Mortalität

    Korrespondenzadresse Wolfgang Böcker, Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum der Universität München, Marchioninistraße 15, 81377 München, Deutschland

    E-Mail wboecker@me.com

    Conflict of interest Received consultancy fees from Amgen (Europe) GmbH.


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    05. März 2021

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