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DOI: 10.1055/s-0041-101594
Kardiale Rehabilitation: „Koronarsport“ reduziert Morbidität und erhöht Lebensqualität
Cardiac rehabilitation reduces morbidity and improves quality of lifeDie kardiale Rehabilitation hat viele Gesichter: Sportprogramme, Schulungen und psycho-logische Betreuung können die Standardtherapie ergänzen. In den letzten 15 Jahren ist die Zahl publizierter Cochrane Reviews zu diesem Thema gewachsen. Anderson et al. haben den Effekt in einer Übersicht systematischer Reviews (Umbrella Review) untersucht.
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Von allen Arten der Herzerkrankung tritt die koronare Herzkrankheit (KHK) am häufigsten auf. Obwohl sie in den westlichen Ländern zunimmt, sinkt aufgrund von Prävention, effektiverer Therapie und Rehabilitation die altersbezogene Sterblichkeit. Damit steigt allerdings die Zahl der Überlebenden, die für eine kardiologische Rehabilitationsmaßnahme in Frage kommen.
Die Autoren schlossen 6 systematische Cochrane-Reviews ein (148 randomisierte kontrollierte Studien, überwiegend aus Europa und den USA). Die methodische Qualität der Reviews bewerteten sie als hoch. Insgesamt lagen die Daten von 98 093 erwachsenen Patienten mit Herzerkrankungen vor (Herzinfarkt oder kardialer Eingriff in der Vergangenheit, chronische Herzinsuffizienz). Die Reviews untersuchten den Einfluss kardialer Rehabilitation auf diese Krankheiten sowie verschiedene Wege und Rahmenbedingungen der Anwendung.
Im Vergleich zur üblichen Versorgung hatte eine zusätzliche Teilnahme an rehabilitativen Sportkursen keinen Einfluss auf die Sterblichkeit bei Patienten mit insgesamt niedrigem Risiko. Allerdings reduzierte sich die Anzahl der stationären Aufnahmen (Morbidität), die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbesserte sich. Psychologische und pädagogische Programme schienen keine oder kaum eine Wirkung auf Mortalität oder Morbidität zu haben. Möglicherweise jedoch führten sie zu einer höheren gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Zuhause durchgeführte Programme schnitten hinsichtlich Lebensqualität bei vergleichbaren Kosten ebenso gut ab wie in Zentren angebotene Kurse. Ausgewählte Maßnahmen könnten dafür sorgen, dass Patienten überhaupt erst einmal mit einer Rehabilitation beginnen. Jedoch gibt es momentan nur eine schwache Evidenz für Interventionen, die die Adhärenz zu kardialen Rehabilitationsprogrammen verbessern. Insgesamt waren die Studien in den eingeschlossenen Reviews von sehr unterschiedlicher Qualität. Einschränkungen in der methodologischen Qualität führten dazu, dass die Qualität der Evidenz herabgestuft wurde. Diese schwankte stark je nach Review und Endpunkt.
Die Autoren folgern, dass auf Sport basierende Rehabilitationsprogramme eine sichere und effektive Therapie für klinisch stabile Patienten sind. Zukünftige Studien sollten besser über Methodik und Ergebnisse berichten und die realen Bedingungen besser widerspiegeln. Dazu gehört z. B. die Rekrutierung von Patienten mit höherem Risiko, die Berücksichtigung aktueller Rehabilitationsmaßnahmen / -empfehlungen und die Identifikation effektiver Interventionen zur Stärkung der Adhärenz.
Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen
Kommentar aus der Praxis


Der Überblick über 6 vorliegende Cochrane Reviews zur Effektivität kardiologischer Rehabilitation unterstreicht die positiven Auswirkungen auf die Rehospitalisierungrate und die Lebensqualität – ohne jedoch die bisherige Datenlage verbessern zu können.
Obgleich die berücksichtigten Studien ein kontrolliertes, randomisiertes Design haben und hohen Qualitätskriterien entsprechen mussten, wurden sie teilweise bereits in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts veröffentlicht. Darüber hinaus haben sie jeweils nur einzelne Komponenten (trainingsbasierte, psychosoziale oder edukative Inhalte) von in Europa praktizierten multidisziplinären Rehabilitationsprogrammen untersucht. Auch haben die Ergebnisse nur einen geringen praktischen Bezug: Die eingeschlossenen Studien haben ausschließlich Patienten mit geringem Risiko berücksichtigt. Im Falle einer Herzinsuffizienz waren es nur solche ohne implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren oder kardiale Resynchronisationstherapie-Aggregate.
Die moderne kardiologische Rehabilitation hat sich dem Fortschritt der Akutmedizin im Allgemeinen und den technischen Entwicklungen in der Kardiologie im Besonderen mit der dadurch veränderten Patientenpopulation angepasst. Um deren Wirksamkeit zu überprüfen, sollten zukünftige Analysen nur Daten der letzten 20 Jahre berücksichtigen. Diese können heutzutage auch auf Beobachtungsstudien basieren, da sich statistische und biometrische Verfahren ebenfalls weiterentwickelt haben.
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Interessenkonflikt: Keiner

